Erinnerungen aus der Vergangenheit (letzte Änderung Jul. 2015)

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Das Zwitschern von Vöglein in der Gegend, der Duft von feuchtem Grün in der Luft. Tierknochen klopfen leise an die Rinde eines einst so mächtigen Baumes. Die Sonne ist aufgegangen und vertreibt die düsteren Erinnerungen an einen finsteren Traum.
Der Schamane ist zurück in das Dorfzentrum geschlurft und hat außer den blutgetrockneten Runen auf Angus Haut und die letzten Schmerzen der brutalen Geschehnisse noch zuvor wenig zurückgelassen. Dennoch fühlt es sich an, als wenn jemand in der Nähe wäre. Bewegungen scheinen nur eingeschränkt möglich. Nicht nur allein der verheilenden Wunden wegen, sondern auch der dicken Fesseln, die an Hand und Fußgelenken angelegt sind. Wenn Angus den Kopf dreht und der Blick auf den zwei Männerhohen Stumpf der alten Eiche fällt, lässt sich eine verhüllte Frau erblicken. Ihre Gestalt ist in einem grünen Umhang verborgen, der Lockenschopf wie ein weiter Mob, ein Wirrwarr aus dunklen und vereinzelt grauen Strähnen. Ihre Hand liegt sanftmütig an der dicken Rinde; Dort wo der Schamane keine Runen in das Holz ritzte.
“Was haben Sie dir nur angetan. Wenn Arnd noch unter den Lebenden weilt, dann möge er bald erscheinen. Wie sehr hoffe ich doch darum, dass der Beutel ihn erreicht. Wer bringt uns nur die buntblühende Zeit zurück?” Sie seufzt.

Als sie im Augenwinkel eine leichte Regung wahrnimmt, dreht sie sich dem Altar zur. Sie hebt für wenige Atemzüge die linke Augenbraue und schreitet dann auf den Gefangenen Angus zu. “Was hat Ratger denn nun hier wieder angerichtet?” Arnds Mutter beginnt an den Fesseln zu nesteln und zieht Bolzen daraus hervor. Nun lassen sich die Hände und Füße wieder befreien. “Ich kenne Euch nicht, doch befinde ich, dass es niemandem vergönnt sein sollte auf einem Stein das Seelenheil zu verlieren. Ich bin Frenya, Hüterin der alten Eiche und Vermählte des Altprimgal Mutbrecht, der noch vor meinem Sohn Dargen, Primgal in unserem Dorf war. Erinnert Euch an mich, solltet Ihr eines Sonnenaufganges genug Kraft verspüren in den Wald zu flüchten. Ich werde Euch dann den Pfad aufzeigen, der in Eure Heimat zurückführt.” Mit diesen Worten zieht sie den Umhang wieder völlig um sich und verschwindet im Schatten des nahen Waldes.

Noch eine Weile vielleicht mochte Angus auf dem Altar reglos daniederliegen. Seine Verletzungen schienen wohl nicht gänzlich so schnell zu verheilen, wie es so manch einer erwartet hätte. So also kam es, dass Ratger der Schamane mit zwei weiteren Männern zum Stumpf der Eiche zurückkehrte und verwundert über die geöffneten Fesseln fluchte: “Bei der Gier der weißen Schlange. Welch Zauberei hat das vollbracht? Es ist, als würde meine Haut und meine Eingeweide einen Namen rufen, der mir nicht gefällt.” Der Schamane blickt sich suchend um. Dann winkt er den Männern Angus vom Altar zu heben. “Bringt ihn in den Saal des Primgal. Er will sich diesem neugierigen Burschen selbst annehmen!” Mit diesen Worten heben sie Angus vom Altar und schleifen ihn brutal in das Haupthaus.

Die dutzenden, unzähligen Kiesel auf den Pfaden des Dorfes schmirgeln Angus’ Lederstiefel, wenn er diese denn noch trägt. Die beiden stämmigen Fellträger, die ihm unter die Arme greifen und ihn nun durch den Torbogen des Haupthauses führen, sprechen in nordischer Sprache. Doch die Tonlage lässt schließen, dass sie eher ausgeglichen und teilnahmslos an dem Schicksal des Fremden scheinen. Es geht durch den Innenhof hin zu einer zweiflügligen Tür, die Ratger der Schamane gleich mit seinen knochig, feingliedrigen Fingern anpackt und öffnet. Nun offenbart sich ein großer Saal, in dessen Mitte eine lange und massive Holztafel Platz findet. Als die Männer um die Tafel geschritten sind und der Primgalsitz erreicht ist, lassen sie Angus plump auf die Saalsteine fallen. Die Tafel ist von hier aus vier, oder fünf Beinlängen entfernt. Der Primgalsitz erhebt sich auf eine Stufe. Er steht erhöht, um den Saal gänzlich überblicken zu können. Die Handlanger gehen dahin und schließen hinter sich die Flügeltüren.

Ratger schließt zu dem Primgal auf und Dargen murrt: “Ratger, was hast du mir hier angeschleppt?! Hatte ich nicht deutlich genug gesagt, dass halbgefüllte Sandsäcke mir nicht mehr Wert sind, als dreckiger Viehdung.” Der Schamane erwidert: “Oh, Herr Dargen, dieser hier ist mehr als Gold wert!” “Ist er das?!”, Dargen erhebt sich und packt Angus an einem Arm um ihn hochzuhiefen! “Erinnert Euch, Ihr habt Kopfgeld auf ihn ausgesetzt!”, erklärt Ratger. Dargen fällt es wie Schuppen von den Augen. “Da treffe mich Kabal Hammer, ist der ein Verbündeter meines elenden Bruders?!” Ratger nickt und grinst: “Oh ja, Herr Dargen, er ist ein Söldner der Grünen Feste. Ihr solltet Ihn nach so manch Geheimnis dieser Feste ausfragen!” Dargen lacht triumphal! “Der sieht nicht aus, als könne er noch einen Piep von sich geben!” Dargen greift nach einem Hocker und steckt ihn Angus unter den Hintern. Dort lässt er ihn zusammensinken und setzt sich selbst dann wieder auf den Thron des Primgal. “Na, wie ruft man ihn denn? Hat er einen Namen?!”, die Miene des Primgal wird steinhart!

Ratger hebt seine Stimme um die Stille nach dieser Frage zu vertreiben. Angus erscheint mitgenommener, als der Schamane nach seiner Heilungszeremonie erst einschätzte. “Sein Name ist nicht sonderlich von Belang Herr Dargen. Was wäre jedoch, sowenn dieser Söldner den Hauptleuten der Grünen Feste mehr Wert wäre, als Euer Bruder?” Dargen schnaubt und erhebt sich. “Eine weitere Nachricht, auf die dieses Dreckspack der Feste im Süden spuckt? Was auch immer wieder in deinem Haupt herumspukt Ratger. Der plumpe Sack hier, soll dein sein. Mache ihn wieder zu einem Ganzen oder zerstückel ihn in winzige Teile aus Fleisch, es ist mir gleichgültig. Ich will mich meinen Schiffen widmen. Diese Nacht wird die erste Fahrt unternommen. Achte nur, dass dieser feuchte Sack mir bloß nichts von den Vorräten wegfrisst!” Damit verlässt Dargen den Saal, ohne noch einmal zurückzublicken. “Gewiss…” Ratger grinst zufrieden und reibt sich die Hände.

Nachdem Dargen die Flügeltüren hinter sich wieder geschlossen hat, lässt sich der Schamane genüsslich auf dem Stuhl des Primgal sinken und spielt etwas an seinem Schamanenstock.Angus, so nennt man Euch doch, dort wo Ihr entstammt nicht? Hmhmhmhm…” er lacht in sich hinein “Wisst Ihr der alte Mutbrecht war wahrlich schwer zu lenken, doch sein Sohn Dargen, ist wie eine Flagge im Wind. Gebe ich die Windrichtung an, dann weht sie, wie ich es will. Alle Männer, die zu uns in das Dorf ziehen, sie alle hören die Stimme meiner Götter und sie folgen ihnen. All jene, die noch einen Hauch an die Kraft der Sandmutter hegen, werden ebenfalls eines Sonnenaufganges erkennen, dass es sie nicht gibt! Nur die Götter allein lenken unser Handeln, beobachten unser Leben, lenken Pflanz und Tier. Oh ja, auch Ihr werdet noch verstehen, warum die Weiße Schlange stets besänftigt werden sollte. Wenn Ihr wieder erstarkt, dann nur, weil es die Götter als recht erachten. HmHmhmhmhm…” Wieder das Lachen

Plötzlich wird die Miene finster. “Wie bei Bein und Knochen jedoch, habt Ihr die Fesseln des Altars geöffnet? Spukt Mutbrechts Weib wohl doch in den Wäldern umher?!” Er schnalzt mit der Zunge. “Oh, so plötzlich sehe ich ein Licht der Erkenntnis. Ihr werdet mich zu ihr führen! Oh ja, das werdet Ihr. Und dort im Wald wird niemand bemerken, wie ich sie niederstrecke. Denn für die letzten Anhänger der Sandmutter ist die elende Hüterin von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang mehr verblasst. Niemand wird einen Schamanen mit ihrem Tod in Verbindung bringen. Hmhmhmhmhm…” Und der Schamane lacht erneut in sich hinein. Als er verstummt ruft er nach den beiden Handlangern, die Angus erneut unter den Armen fassen und ihn zurück zur alten Eiche schleifen. Dort werden sie ihn achtlos zwischen die Linden fallen lassen.

…vom Haupthaus zurück…
Die zwei Handlanger, die Angus vom Haupthaus zurückschleiften, waren ebenso brutal, wie auch zuvor schon. “Ins Gras mit ihm, hat ‘ter Schaman’ gesacht!”, meinte der Eine. Worauf der Andere nur zustimmend nickte. Wie einen faulen Apfel ließen sie Angus auf den Boden fallen und wendeten ihm noch in gleicher Bewegung schon den Rücken zu. Dann stapften sie davon. Windböen ließen Blätter in den Bäumen rascheln. Ein Vöglein zwitscherte im Gebüsch. Die Sonne senkte sich gen Horizont herab. Dann erschien eine bekannte Silhouette. Erst verbarg sie sich in den immer länger werdenden Schatten der Bäume. Doch als keine Gefahr mehr zu drohen schien, schlich sie sich zu Angus heran. “Erst nahm ich an, dass Ihr nur eine arme Seele seid, die sich nach Sognefjord verirrte. Doch, Ratger behandelt Euch für seine Art beinahe, wie einen Schatz. Wer seid Ihr nur?”Frenya (Arnds Mutter) wendete Angus vorsichtig auf den Rücken und betastete seinen Puls. Er schien nicht sonderlich vor Lebenskraft zu strotzen, doch befand sie, dass sie ihn wieder zu den Lebenden zurückholen könnte. “Vielleicht, wisst Ihr darum, wo mein Sohn sich derzeit aufhält. Kommt, ich werde Euch heilen!” Damit packte sie Angus beherzt unter den Armen und begann ihn rücklinks durch das Unterholz des Waldes zu schleifen. Spuren verwischte sie notdürftig. So dauerte es, bis die Nacht hereinbrach und sie den Söldner der Grünen Feste zu ihrem Erdloch gebracht hatte. Sie öffnete eine dürftig aus Holz geflochtene Klappe im Boden und schleifte Angus hinein. Den Verwundeten noch auf Felle gebettet und einige Kerzen entzündet und sie schien mit ihrem Werk zufrieden. Gleich darauf suchte sie nach etwas Wasser und goss es Angus über die Lippen. In der Hoffnung er würde es trinken.

Sonnenlauf, um Sonnenlauf zogen ins Land. Frenya kam und ging. Der Tag warf einige wenige Lichtstrahlen durch das Dachgebälk und die Nacht ließ das wenige Licht der Sterne silbrig glänzen. Knapp nach Sonnenaufgang eines weiteren Tages erklang auf der Oberfläche plötzlich eine bekannte Stimme. Arnds Mutter horchte auf. Dann griff sie nach dem Bogen, nahm einen Pfeil aus dem Lederköcher und schlich aus dem Erdloch hinauf ins Tageslicht. “Ratger, wie habt Ihr mich hier gefunden?” Der Schamane erwiderte: “Unzählige Spuren und der Duft nach Weib. Was hätte mein Fleisch und Knochen da noch von dem rechten Pfad abbringen können?!” “Hinfort mit Euch Schamane! Ihr habt hier keine Macht!”, spieh Frenya. Doch der Schamane lachte bloß hämisch. “Die Götter weisen mir den Weg. Sie schenken mir Macht, wann immer ich danach trachte. Doch vielleicht ist es wahr. Hier ist sie nicht so stark.” Er wendet Arnds Mutter den Rücken zu und Frenya lässt den Bogen eine Handbreit sinken. Plötzlich ein Herumfahren, ein Pustgeräusch und Frenya spürt einen Giftpfeil aus einem Blasrohr in ihrer Brust. “Bei Muttererde!” Sie sinkt auf die Knie und reißt den Pfeil aus der Haut. Zufrieden mit seinem Werk stackst Ratger auf sie zu. “Oh, die Macht nun ist sie doch da und ich spüre, wie das Blut in meinen Händen wie Feuer brennt. Hahahaha!”Ratger lacht triumphal. Dann greift er der einst mächtigsten Frau des Dorfes harsch in die Haare, um ihr Haupt zurückzureißen und ihren Blick in seine Augen zu heben. “Die Götter wünschen, dass Ihr den Söldner zurück zu seiner Feste bringt. Das Gift tötet Euch…jawohl…doch nicht gleich. Langsam und qualvoll. So Ihr Euer Ziel erreicht. Vielleicht ist Euch Eure Sandmutter ja gnädig. Und sie lässt Blätter in Euren Händen wachsen. Hmhmhmhmhm….”Damit löst er den Griff und wendet sich ab. “Ihr habt einen halben Mondlauf, dann vergisst Euer Herz zu schlagen!”, dann entschwindet er zwischen den Bäumen. Verzweifelt humpelt Frenya in ihr Erdloch zurück und sucht nach Heilkräutern. Doch kein Blatt, keine Salbe, keine Tinktur erscheint ihr als richtig. Sie sinkt auf die Knie und das erste mal in ihrem Leben beginnt sie leise zu wimmern.

Die nächste Nacht verging und Frenya lag noch lange wach. Tags darauf mischte sie sich unauffällig unter all die Fremden Menschen auf dem Marktplatz des Dorfes. Bekannte Gesichter erschienen froh sie zu sehen. Doch sie winkte, um das Aufblühen der Wohlgesonnenen wieder abebben zu lassen. Sie alle glaubten bereits die Hüterin der Alten Eiche wäre mit diesem Baum von ihnen gegangen. Doch nun stand sie wahrlich wieder vor ihnen. Ein einheitlicher Entschluss wurde gefasst. Sie alle würden sich Arnds Mutter anschließen um gemeinsam mit ihr den “Söldner der Grünen Feste” wieder an den rechten Ort zurückzubringen. Kutschen wurden zurechtgemacht, Pferden das Geschirr angelegt. Angus auf die Felle in einem dieser Kutschen gebettet und mit einem letzten Blick zurück verließ die Expedition die einst so genehme Heimat. Märgelfurt, sie werden dich bald erreichen…