Trumländische Heiligenforschung

Neugierig scharrte sich das Dorf um den Rechenmeister vom Institut für Heiligenforschung. Was ging hier vor sich? Eine Prozession zog ihre Runden, die Lokalheilige als Holzschnitt vor sich tragend. Seit 200 Jahren schützte sie das Dorf. Doch nun kamen die Gelehrten vom Institut, stellten Fragen, lasen in Archiven und rechneten herum.

Der Rechenmeister gab das Zeichen und ein Miniaturkatapult schoss eine Holzpuppe über das Feld. Ein Raunen ging duch die Menge. Die Holzpuppe vollzog eine halbrunde Kreisbahn und landete kopfüber auf der Kuhwiese, das Haupt in die Erde gegraben, die Füße zum Himmel gestreckt. Ja, rief das Volk, so musste die Heilige einst zu ihnen niedergekommen sein.

Der Rechenmeister schritt die Entfernung ab, zählte etwas mit den Fingern und wandte sich zum Volk: „Höret, höret! Das Institut für Heiligenforschung hat aus den Gemeindearchivberichten ein korrektes Modell der Lokalheiligen nachgestellt und ich als Gutachter habe die vorauszuschauende Flugbahn überprüft. Und ich komme bei allem nötigen wissenschaftlichen Gutdünken nur zu einem Schluß!“

Schweigen.

„Die Heilige ist eine Lüge!“

Tumult. Die Dörfler ergriffen den Rechenmeister, schnallten ihn auf das Katapult und schossen ihn in Richtung Moor. Der Rechenmeister ward seither nicht mehr gesehen, jedoch wird die Lokalheilige noch heute verehrt. Dies ist eine eher traurige Institutsgeschichte, doch es gibt auch viele erfreuliche Gutachten.

So denket darüber nach und über die Notwendigkeit der Heiligenforschung! Und denket auch immer an die Heiligenmeldepflicht! Denn sonst droht eine Strafgebühr!

Wer einen Heiligen oder eine Heilige sieht und nicht ordnungsgemäß meldet, wird nicht unter drei Bußen bestraft. Wer aber Heilige nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte in Umlauf bringt, dem droht Schlimmeres!

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