TageBuch Elder Theo Con 2019/2

Gemeinsam machten wir uns auf den Rückweg ins Lager, wo wir alle recht erschöpft auf die jeweiligen Stühle und Bänke fielen. Halfdan kam ins Helwart Lager und erzählte mir, dass er gehört habe, die Glühwürmer, die ich in der Nacht zuvor das erste Mal gesehen hatte, seien gar keine Glühwürmer, sondern magische Wesen. Henna schüttelte den Kopf zu dieser Geschichte. Aber Halfdan meinte, das hätte er gehört von einem der Einwohner und das diese leuchtenden Punkte Menschen vor dem Tod bewahren könnten. Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme, und stimmte zu, bei Einbruch der Dunkelheit den nahen Wald aufzusuchen. Hätte ich doch bloß auf Henna gehört.
Während wir im Wald waren und Rana geholfen hatten, waren auch im Lager die Wettkämpfe vorangeschritten, selbst der mir so verhasste Lammfromm hatte sich aus seinem Loch herausgetraut, doch ich durfte ja ihm nichts tun.

Während der Tag voranschritt, wurden Rätsel gelöst, Steine gefunden, Amateras betete für die Steine, um die Macht Solaris wieder herzustellen. Denn anscheinend war Solaris so etwas wie der gute Zwilling von Aratosch, und beide waren Kinder von Antos. Wilma bemühte sich herauszufinden, wie genau die Rituale damals bei Krieg abgelaufen waren und entwickelte die Theorie, das, wenn sie das Ritual umkehren können, wir Aucuparia wieder bekämen. Rana sagte, das ginge vielleicht, aber wir brauchten etwas von Aucuparia worauf hin ich die Pflanze aus dem verfluchten Krug vorschlug.
Denn Gort hatte die die Pflanze dort hineingetan und Gort war der Bruder Aucuparias und hatte er mir nicht Aucuparias Pflanzenstück fortgenommen? Die Idee fand Zustimmung und ich bot mich an, wenn nötig auch aus dem Krug zu trinken. Ich bin ein großer kräftiger Mensch und war mir sicher, die Kämpfer, die da waren, würden uns alle erfolgreich verteidigen und was immer geschehen würde, es gab noch andere Heiler. Alle zusammen brachen wir auf in den Wald, wo Wilma zwischenzeitlich einen Ritualplatz vorbereitet hatte. Rana und ich stellten uns zusammen mit dem Krug in die Mitte, und um uns herum nahmen jeweils sieben Menschen Aufstellung.
Wilma holte sich von jedem eine schöne Erinnerung, und leitete diese an Rana und mich weiter. Das fühlte sich an, als ob man eine Flasche Rum in ein winziges Glas zwängt und sofort berauscht ist. Sieben mal sieben, so viele Menschen, sieben Wellen guter Erinnerungen und ich schwankte schon nach der ersten.

Doch die kleine Rana zitterte regelrecht. Sie begann zu wimmern, murmelte, dass Aucuparia ihr einen Weg zu Viktoria wies. Dort war es kalt, dunkel und schmerzhaft. Ich flüsterte ihr zu „es ist warm, es ist hell, es ist schön, nimm das mit von hier, nimm meine Kraft, du musst sie finden“. Je länger das Ritual dauerte, desto schwächer wurde Rana, ich versuchte alles, was ich konnte, ihr zu helfen, doch ich war nicht stark genug und Rana brach zusammen. Sie war Tod!

Ich konnte nichts tun, ebenso wenig wie Wilma. Tränen stiegen mir in die Augen, doch nicht aus Angst um mich, sondern aus Trauer um dieses fröhliche kleine Wesen. Ich war fest entschlossen, nicht aus dem Kreis zu weichen, bat Wilma jedoch darum, Amateras hinzu zu holen, ich kenne niemand anderen, der einen so starken Glauben an das Gute hat, wie er. Amateras kam sofort hinzu und das Ritual ging weiter. Während Rana tot zu unseren Füßen lag, schlängelte sich die Pflanze aus dem verfluchten Krug hinunter zu dem kleinen Körper und berührte sie ganz sanft, wie als, ob sie sich entschuldigen wollte.

Schließlich war das Ritual zu Ende, doch niemand wusste, ob es gewirkt hatte. Wir trugen Rana zu ihrem Lieblingsplatz in Vater Baums Schrein und beschlossen, später zurückzukehren und sie entsprechend ihres Glaubens zu beerdigen. Wir waren uns sicher, dass sie bis dahin sicher war, kein Tier des Waldes würde sie anrühren.
Und obwohl wir das Gefühl hatten, dass die Zeit drängte, nahmen wir uns einem Moment, um der Waldfee zu gedenken. Dann gingen wir zurück. Noch auf dem Weg erschien Viktoria und rief uns zu „ eilt euch, nutzt die Schlüssel, legt sie den Gefolgsleuten von Aratosch auf die Stirn und sagt „ich befreie deine Seele“. Dann verschwand sie, aber wir wussten auch so, was wir zu tun hatten. Angekommen im Lager  machten die Krieger sich in schon grimmiger Entschlossenheit daran, sich für eine Schlacht vorzubereiten.

Der Tod erschien, fragte nach den Schlüsseln und erst jetzt erfuhren wir die Wahrheit. Denn wir hatten unwissentlich mit dem sammeln der Schlüssel in Tods Hände gespielt. Er wollte die Seelen aller haben, die Menschen die für Aratosch kämpften, taten dies, ohne zu wissen, was sie machten, denn ihnen war die Seele genommen worden. Jeder Schlüssel stand für eine Seele, und Tod wollte sie alle. Doch er konnte das Spinnenhaus nicht betreten, es gehörte Solaris, so hatten wir ihm geholfen Buch und Schlüssel zu bekommen. Ungläubig stöhnten wir auf, und Wilma, die Gutmütige, versuchte an Tod zu appellieren, doch er zog sie auf seine Seite. Mit dem Kampfschrei „Aratosch Vult“ stürzte der Gegner sich auf uns und eine kurze, aber sehr heftige Schlacht brach aus. Jeder „Feind“ der niedergestreckt werden konnte und noch lebte, wurde mit einem Schlüssel gerettet und war völlig verwirrt und verängstigt. Auch Wilma wurde wieder beseelt.
Da diese Menschen nicht weiter kämpften, war die Schlacht schnell vorüber.
Wunden wurden versorgt, und wir freuten uns, endlich einmal gewonnen zu haben.

Nach einer kurzen Ruhepause machten die Bauern, die uns vorher schon geholfen hatten, der Helwart Orden, Henna und ich uns auf, Rana ihr Grab zu bereiten. Unterwegs zu ihrer letzten Ruhestätte sammelten wir große und schöne Steine für einen kleinen Grabhügel. Diese arrangierten wir unter Vater Baums Baum, wo tatsächlich kein Körper mehr lag. Wir pflanzten auffallende Gräser, arrangierten die Steine so, dass ihre schönste Seite nach oben lag und vergaßen natürlich auch nicht Vater Baums Zeichen. Wir erzählten uns Geschichten aus der kurzen Freundschaft mit der tapferen kleinen Waldfee, die einigen von uns die Tränen in die Augen trieben. Zum Schluss wurde noch gesungen und getanzt, bevor wir alle in trauerndes Schweigen verfielen.

Plötzlich hörten wir eine feine Stimme „Danke meine Freunde, ich hoffe es geht euch gut, ihr seid immer willkommen im Wald“. Als wir verzaubert und getröstet die Äugen wieder öffneten, lag Ranas Kapuze auf dem Grabstein. Da wussten wir, alles würde gut werden und wer weiß, vielleicht schickt Vater Baum die Kleine zurück zu uns, weil sie sich geopfert hat, um Aucuparia zu finden. In feierlicher Stimmung machten wir uns wieder auf den Rückweg.

Ich war unglaublich erschöpft, so dass ich unbedingt eine Pause brauchte. Langsam wurde es dunkel und bald würden die Glühwürmer auftauchten. Ich unterhielt mich gerade mit Dachs, als Halfdan auftauchte und fragte, ob wir los wollten. Ich nickte und spontan, irgendeiner Eingebung folgend, lud ich Dachs ein, mitzukommen. Zu dritt zogen wir los, Halfdan wollte uns zeigen, wo ich einige der Glühwürmer finden konnte. Warum war ich nur so naiv?
Doch der Marder hatte aufgepasst, er hatte Halfdan aus irgendwelchen Gründen schon länger scharf beobachtet, und als er sah das Dachs und ich mit Halfdan Richtung Wald gingen, folgte er uns mit Habicht. Auch Luchs und Henna gingen uns eilig nach, was ich beides zunächst gar nicht bemerkte.
Auf halber Strecke, mehrere Hunderte Meter vom Lager entfernt, holte Halfdan zwei kleine Phiolen aus der Tasche und sagte „ ach komm, lass uns etwas trinken, das ist was besonderes“. Er erschien merkwürdig angespannt, doch in dem Moment, habe ich mir nichts dabei gedacht. Ich griff als erste zu, der Trank war scharf, bitter, kratzte im Hals, na danke, dachte ich, was das wohl für ein Teufelszeug war?
Auch die anderen griffen nach kurzem Schulterzucken zu. Plötzlich fühlte ich eine beginnende Taubheit in den Gliedmaßen, sah, dass die anderen schwankten und hörte, wie Halfdan sage „Elder, was ist das für ein Trank?” und mir wurde schlagartig klar, dass es ein Lähmungs-Gift war. Aus Akeder Bienengift. Ich brachte hervor „Halfdan, was hast du getan?“ oder dachte ich nur, es gesagt zu haben? Als auch schon Swartkjell und Maer aus dem Gebüsch stürzten, direkt auf mich zu. Habicht blies ohrenbetäubend laut auf einer Pfeife, doch wurde nicht gehört. Swartkjell schlug die anderen nieder, während ich panisch versuchte, mich zu bewegen. Maer schlug Dachs neben mir zu Boden und griff mich an einem Arm, Svartkjell den anderen. Sie wollten mich fortschleifen!  Ich schrie laut um Hilfe, dann spürte ich nur noch einen harten Schlag und alles wurde schwarz….

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