Tagebuch von Florek

Töte Sie Alle

Mit einem Schrei auf den Lippen schrak ich in der Dunkelheit meiner kleinen Kammer auf.

Die vor Schweiß klammen Laken wickelten sich wie ein Leichentuch um meinen zitternden Körper und schienen das Leben aus mir zu pressen wie die Füße einer Winzerin aus den reifen Trauben.

Mit wirrem Gezappel befreite sich mein Körper aus der Umklammerung, sodass ich an das kleine Fenster treten konnte, um einen Atemzug der kühlen Nachtbriese zu nehmen.

Der Herbst hatte Einzug gehalten und begann die Blätter der Ranken in ein dunkles Rot zu tauchen.

Rot wie ihr Blut” , krächzte die Stimme in meinem Inneren.

 

Zweiter Teil

Der Tag beginnt zur sechsten Stunde.

Wenn der schmiedeeiserne Schlüssel sich dreht, kommt Bruder Alfredus, um mich zur Morgenmesse zu holen. Nach einem kargen Mahl aus Hafergrütze und einer Handvoll Nüsse, darf ich den Brüdern im Garten des Klosters zur Hand gehen und Ihnen beim Unkrautjäten oder dem umgraben der Beete helfen.
Im Anschluss wird jede hilfsbereite Hand beim Austeilen des Mittagsmahles und beim folgenden Abwasch in der Küche des Klosters gerne gesehen. Berge von Töpfen, Pfannen und schmutzigen Tellern warten auf fleißige Hände um geschrubbt zu werden.

Ist das Mittagsgebet gesprochen, erteilt mir Bruder Alfredus mehrere Stunden Unterricht im Lesen und Schreiben und hört sich, geduldig, meine stammelnden Versuche an Geschichten der Heiligen wiederzugeben. Gelegentlich versucht er sogar, mich das Rechnen zu lehren. Möge Aurelius ihm seine Geduld mit mir tausendfach vergelten.

Um den Kopf wieder klar zu bekommen, wartet bereits das gemeinsame Abendmahl sowie die anschließende Küchenarbeit auf mich.

„Gelangweilte Hände kommen auf dumme Ideen und ein gelangweilter Geist kommt auf dumme Gedanken“, pflegt Bruder Alfredus zu sagen, wenn er mich nach dem Abendgebet zurück in meine Kammer bringt und den großen Schlüssel im Schloss dreht.

So bleiben mir noch ein bis zwei Stunden Kerzenlicht am Tage, bevor ich ermahnt werde zu Bett zu gehen. Mühsam versuche ich meinen Geist mit den Schriften des Lux illustrans zu beschäftigen bevor ich zu meinen Träumen zurückkehren muss.

Dritter Teil

Der Winter ist gekommen und türmt den Schnee meterhoch an den eisüberzogenen Mauern auf. Das alltägliche Leben im Kloster ist beinahe zum Erliegen gekommen und nur selten sieht man einen Menschen über den großen Innenhof huschen, welcher jeden Morgen von fleißigen Händen freigeschaufelt wird.

Der Schneesturm, der die beiden letzten Tage gewütet hat, pustete ein Truppe ceridischer Kriegsknechte, auf dem Weg ins Winterquartier und vom Sturm überrascht, an die Mauern. Der Abt hat ihnen die leer stehenden Pferdeställe als Quartier zugewiesen. Dort hört man sie des abends grölen und scherzen aber selbst im Winter trainieren sie jeden Tag an der Waffe….. sobald der Hof freigeschaufelt wurde.
Ich werde Bruder Alonso bitten mich ihren Waffenübungen anschließen zu dürfen.
Beim heiligen Wladislav, viel zu lange ist es her das diese Hände etwas anderes als eine Schaufel oder einen Besen geschwungen haben.

Gelangweilt schweift mein Blick über die endlosen verschneiten Weiten. Ob es in Siebenhöfen wohl auch schneit. Bestimmt hockt der Herr Baron vor einem warmen Feuer um seine Knochen zu wärmen.
Gut so, denn seine Knochen gehören mir, mir alleine.

Irritiert reiße ich mich von diesem Gedanken los. „Geht weg“ brülle ich und schlage meinen Kopf an die steinerne Wand zu meiner linken. Es hilft, der Schmerz hilft den Kopf unter Kontrolle zu halten.
Einsam und verloren fallen einige Blutstropfen auf den Fenstersims und werden vom Schnee aufgesogen.

 

3 Gedanken zu „Tagebuch von Florek“

  1. Der Tag beginnt zur sechsten Stunde.

    Wenn der schmiedeeiserne Schlüssel sich dreht, kommt Bruder Alfredus, um mich zur Morgenmesse zu holen. Nach einem kargen Mahl aus Hafergrütze und einer Handvoll Nüsse, darf ich den Brüdern im Garten des Klosters zur Hand gehen und Ihnen beim Unkrautjäten oder dem umgraben der Beete helfen.
    Im Anschluss wird jede hilfsbereite Hand beim Austeilen des Mittagsmahles und beim folgenden Abwasch in der Küche des Klosters gerne gesehen. Berge von Töpfen, Pfannen und schmutzigen Tellern warten auf fleißige Hände um geschrubbt zu werden.

    Ist das Mittagsgebet gesprochen, erteilt mir Bruder Alfredus mehrere Stunden Unterricht im Lesen und Schreiben und hört sich, geduldig, meine stammelnden Versuche an Geschichten der Heiligen wiederzugeben. Gelegentlich versucht er sogar, mich das Rechnen zu lehren. Möge Aurelius ihm seine Geduld mit mir tausendfach vergelten.

    Um den Kopf wieder klar zu bekommen, wartet bereits das gemeinsame Abendmahl sowie die anschließende Küchenarbeit auf mich.

    „Gelangweilte Hände kommen auf dumme Ideen und ein gelangweilter Geist kommt auf dumme Gedanken“, pflegt Bruder Alfredus zu sagen, wenn er mich nach dem Abendgebet zurück in meine Kammer bringt und den großen Schlüssel im Schloss dreht.

    So bleiben mir noch ein bis zwei Stunden Kerzenlicht am Tage, bevor ich ermahnt werde zu Bett zu gehen. Mühsam versuche ich meinen Geist mit den Schriften des Lux illustrans zu beschäftigen bevor ich zu meinen Träumen zurückkehren muss.

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