Die Dohle zu Gast in Siebenhöfen 

Lorenz entgleisen vor Überraschung für einen Moment die Gesichtszüge. Zwei Tage? Verdammt! In Gergonsmund sind zu dieser Zeit des Jahres die besten Geschäfte mit Gewürzen zu machen. Kein Wunder, sind die Leute doch die eingelegten und  sonstwie haltbar gemachten und in feuchten Kellern gelagerten Vorräte des Vorjahres langsam leid und würzen mit Allem nach was das Zeug nur hält. Zudem wird … Moment! Hat der Baron gerade gesagt er hat eine rote Laterne für seine Mannschaft reserviert? Auch das noch. Das kann doch nur höchst peinlich enden. Nicht gut! Nein, nein, NEIN… Mit einiger Mühe gelingt es ihm, sich einigermaßen vernünftige Worte zurecht zu legen und diese in ruhigem Ton vorzubringen. „Euer Gnaden, mit größtem Bedauern muss ich…“ „den überaus wichtigen Geschäften in Gergonsmund eine Ablehnung erteilen, damit,“ der Baron unterbricht Lorenz’ so mühsam zurechtgelegten Satz und geht zur Türe, die er mit einigem Schwung öffnet. „Ihr den Vertreter der hiesigen Handelsgilde, Herrn Dietrich Lauenburg und den Kontor Meister der neuen mittelländischen Hanse auf Trum, Herrn Ludwig Böttcher, kennenlernen könnt.“ Der einladenden Handbewegung des Barons folgend treten zwei offensichtlich sehr gut betuchte Herren in das Arbeitszimmer ein und stellen sich kurz als die Genannten vor. Lorenz kurze Vorstellung stößt bei den Kaufleuten auf hohes Interesse und die beiden zeigen sich erfreut über die unverhoffte Bekanntschaft, nur um sich mit dem Verweis auf ein Später in der Stube sogleich wieder geschäftig zu empfehlen. 

Äh.“ Was? Irgendwie. Wird. Was? „Herr Lorenz? “ Der Angesprochene sieht den besorgten Blick Baron Ortwins auf sich ruhen. „Ist Euch nicht wohl?“ Ein Büttel reicht Lorenz ein feuchtes Tuch die Stirn zu kühlen. „Wenn Ihr jemandem in Gergonsmund Euer Wort auf Eure Waren gabt, dann verschieben wir die Verhandlungen mit der Handelsgilde und der Hanse auf Eure Rückreise!“ Das kühle Tuch auf Lorenz’ Stirn zeigt Wirkung und seine Gedanken ordnen sich wieder. Die mittelländische Hanse sowie die örtliche Handelsgilde. Beide in direktem Kontakt und unter besten Vorraussetzungen mit Empfehlung des Herrn von Siebenhöfen. Solch Chance kommt nicht oft im Leben. Also zugreifen! Die Ladung ist in Gergonsmund auch noch nicht versprochen, obwohl das Ausbleiben dort sicher den ein oder anderen Gefallen bei Fräulein Welzel kosten wird. Sei’s drum. Hoffentlich wird sein Verhalten eben nicht als allzu unhöflich aufgenommen. Mit einem Räuspern versucht Lorenz höflich die Situation zu entspannen.

Ähem. Nicht doch Herr! Es geht mir durchaus gut. Bestens sogar, auch wenn ich gerade nicht den Anschein machte. Diese Offerte, nun ja, überraschte mich dann doch etwas. Bitte, verfahren wir wie von Euch geplant.“ Als Lorenz sieht, wie die Sorge aus den Gesichtern schwindet fasst er auch Mut, seine Bedenken ob eines eventuellen Fehlverhaltens seiner Mannschaft auszusprechen. „Die Anneliese hat tüchtige Seeleute mit allem was dazu gehört. Gute Seelen mit rauen Händen und ebensolchen, ähem,  Manieren. Ihr versteht sicher, welcher Art meine Zurückhaltung bei Eurem Angebot bezüglich der Unterbringung in einem gewissen Etablissement ist.“ Es ist ihm durchaus unangenehm mit einem adligen Gastgeber über derartige Dinge zu sprechen. Kann man doch nie wissen, wie die Sitten in fremden Landen liegen. Besonders in solchen wie in diesen besonders Frommen hier. 

Ein erneutes amüsiertes Grunzen ist aus der dunklen Ecke Taurons zu hören. Des Barons linke Augenbraue hebt sich und ein Schmunzeln breitet sich auf dessen Gesicht aus. „Ach herrje! DAS treibt Euch also um.“ Er winkt ab. „Lasst Euch darob nur keine grauen Haare wachsen. Dies hier ist Siebenhöfen. Die prächtige Stätte des Konvents, Sitz des Rates! Und. Wie mir oft scheint, Hauptstadt aller mehrzüngigen Hofschranzen und Laster des Weltenrunds. In dieser Hinsicht gibt es sicher nur noch wenig, das mich darüber zu wundern vermag. Selbst seine Excellenz, Vater Decius hat aufgegeben sich die Augen wundzuwaschen ob der Dinge, deren man hier allenthalben ansichtig wird.

Er deutet auf den Schreibtisch. „Erinnert Ihr Euch an den Büttel als Ihr in den Raum tratet?“ An den kann sich Lorenz noch gut erinnern. „Ja, Euer Gnaden.“ Nickend fährt Baron Ortwin daraufhin fort „Das Dokument, das war nichts anderes als die bestätigte Vollzugsmeldung der Vorbereitungen Eurer Unterbringung. Selbstredend fanden sich darin auch die gesammelten Berichte der letzten Besuche Eurer Anneliese in Gergonsmund. Zumindest alles was in der zur Verfügung stehenden Zeit zu ergründen war.“  Mit der Hand eine beschwichtigende Geste machend eröffnet der Baron mehr über den Inhalt. „Es geziemt sich, stets gut vorbereitet zu sein und für seine Gäste bestens zu sorgen. So sollen auch spezielle Präferenzen nicht unbeachtet bleiben. Wofür in Gergonsmund allerhand geboten wird, soll Euch natürlich auch Siebenhöfen nicht enttäuschen.“ Ein vergnügt freundschaftlicher Klaps landet auf Lorenz  Schulter. „Eure Mannschaft soll sich ruhig auf’s Wildeste vergnügen. Nichts sonderlich Beschämendes war im Bericht zu lesen. Obschon Euer erster Offizier … “ Es klopft an der Türe. „Wie angedroht. Das wird Decius sein, der Euch malträtieren. Ähem. Euch danken will. Bitte werter Lorenz, schweigt Euch ihm gegenüber ob Eurer Unterbringung aus, sonst bringt Ihr mich in bozephalische Schwierigkeiten.“ Der Baron geht mit einem Zwinkern in Lorenz Richtung zur Tür und öffnet schwungvoll beide Flügel. „Decius! Gerade recht, wie immer!“…

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