Die Dohle zu Gast in Siebenhöfen 

Was haben Sie in dort in der Kiste junger Herr?“ „Oh das hier…“ Lorenz öffnet die kleine Schatulle und holt ein fein gewebtes Seidentuch heraus. Der Stoff ist im traditionellem dolischen bordeaux gefärbt und auffällig mit kleinen goldenen Türmen und Schlüsseln bestickt. Nachdem er den Stoff sorgfältig gefaltet hat, beginnt er damit sich das Tuch als Bund um den Bauch zu wickeln. Boris begutachtet das Werk skeptisch. „Bei allem Respekt junger Herr, aber sie sehen damit aus wie ein Gockel auf der Balz.“ Lorenz lacht. „Sagt doch so etwas nicht Boris. Wir sind in diplomatischer Mission hier und es ist wichtig, die kulturellen Gebräuche seines Gegenübers zu kennen und zu wertschätzen. Ein Zeichen des guten Willens bricht oft schnell das Eis.“ Die Augenbrauen von Boris ziehen sich eng zusammen. Lorenz kennt diesen Gesichtsausdruck den Boris immer einnimmt, wenn er angestrengt nachdenkt. „Ay junger Herr, es tut mir leid, dass ich euch in Frage gestellt habe. Ich kenne euch noch als kleinen Bub der nur Schabernack im Kopf hatte und ständig Ärger verursachte. Es erfüllt mich mit Freude zu sehen, was für ein stattlicher und weitsichtiger Mann aus euch geworden ist. Euer Bruder wäre sicher stolz auf euch.“ Ein bedrücktes, aber ehrliches Lächeln setzt sich auf Lorenz Lippen, der die Hand auf die Schulter von Boris legt. „Ich danke euch für eure netten Worte Boris. Ich versuche diesen Fußstapfen gerecht zu werden.

Als die Anneliese in den Hafen einfährt wirft sich Lorenz seinen Mantel über die Schultern und nimmt eine weitere längliche Box in den Arm, welche ihm ein Matrose aus seiner Kajüte gebracht hat. „Eine Sache noch Boris. Solange ich fort bin, trägst du das Kommando. Keine Eskapaden der Mannschaft, Alkohol-Exzesse oder Hurereien.“ „Aber junger Herr, die Mannschaft ist seit Wochen auf See, auch bei unserem letzten Halt hatte sie keine Zeit zum Landgang. Wir sollten wirklich…“ Lorenz unterbricht Boris mit einem ernsten Blick und strenger Stimme: „1. Offizier, das war keine Bitte, sondern ein Befehl.“ Wie aus seinen Zeiten bei der Marine schlägt Boris seine Hacken zusammen und nimmt eine stramme Position ein. „AY KAPITÄN!“ Der Blick von Lorenz erweicht sich durch Boris Reaktion. „Nehmt es mir bitte nicht übel Boris, aber wir befinden uns hier in frommen Gefilden. Zum Wohle von Dole, Herrn Fridolin, aber auch unseren eigenen Hälsen können wir uns hier keinen Eklat erlauben. Ich verspreche, dass ich es bei der Mannschaft wiedergutmache, sobald wir Gergonsmund erreicht haben.“ Boris Augenbrauen kneifen sich zusammen. Nach einer kurzen Pause sagt er jedoch verständnisvoll: „Keiner der Mannschaft, mich eingeschlossen, zweifelt an eurer Führung. Wenn ihr sagt, dass dieser Kurs für uns der Beste ist, folgen wir euch junger Herr.“ Ein warmes Lächeln verläuft über Lorenz Gesicht, bevor er sich umdreht und die Anneliese über eine Landungsbrücke verlässt. 

Trotz der frühen Stunde herrscht auch im Hafen von Siebenhöfen bereits geschäftiges Treiben. Neben dem Beladen und Löschen von Ladung, feilschen die ersten Händler um die neuesten Güter und auch einige Fischer bieten ihre frische Ware feil. Auch wenn der Geruch von Geschäften und Profit in der Luft liegt, versucht Lorenz sich nicht von seiner Mission ablenken zu lassen. „Ahh Herr Altmühl, hier drüben!“ Suchend nach der bekannten Stimme, blickt Lorenz in zwei ihm vertraute Gesichter. „Lok, Waldemar, ich bin erfreut euch bei bester Gesundheit wieder anzutreffen. Erlaubt mir die Hürde der Förmlichkeit aus dem Weg zu räumen, da wir doch in der Schlacht bereits zusammen gekämpft haben. Bitte nennt mich Lorenz.“ Während Lorenz den beiden die Hand zum Gruß reicht, wirkt Lok von der Ansprache leicht irritiert und schaut fragend zu Waldemar, welcher seinen von Kopf bis Fuß adrett gekleideten gegenüber mustert. Nach einer kurzen Pause schlägt dieser aber beherzt ein. „Es ist mir sogar eine Freude, schließlich wart ihr an der Wiederbeschaffung unserer wertvollen Reliquie beteiligt.“ Auch Lok ergreift nun losgelöst die Hand von Lorenz und umschlägt diese sogleich mit beiden Händen. „Es ist schön auch euch wieder zu sehen! Euer Vorbote kam vor einiger Zeit und dann hat der Baron uns zu sich gerufen, man war ich da wieder aufgeregt, wir haben jetzt sogar ein Fenster bekommen, naja und dann hat der Baron gesagt „Eskortiert den dolischen!“ und daraufhin hat Waldemar gesagt…“ Waldemar zieht Lok an seinem Kragen von Lorenz zurück. „Man mal ernsthaft, also entweder bekommst du gar kein Wort heraus oder gleich alle.“ Amüsiert von den beiden Mauerwachen entrinnt Lorenz ein kleines Lachen. „Was Lok gerade versucht hat zu sagen ist, dass wir den Auftrag haben, euch hier zu empfangen und zum Baron zu eskortieren.“ Eine nette Geste dachte sich Lorenz, der aber nach einer weiteren Person Ausschau hielt. „Ist der Sergeant Tauron nicht bei euch?“ Der Gesichtsausdruck der beiden Kriegsknechte verdunkelt sich beim Fallen dieses Namens. „Der Sergeant hat seinen Wappenrock niedergelegt.“ Nach dieser kurzen und scharfen Antwort beschließt Lorenz, dass es wohl das Beste ist, bei diesem Thema nicht weiter nachzuhaken. „Nun dann bedanke ich mich für die Begrüßung und die Begleitung. Wollen wir?“ 

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