Ein halbes Jahr ist es nun schon her, seit brennend Unheil sich durch Siebenhöfen wälzte und Stadt wie Bürger fraß. Die schlimmsten Schäden waren mittlerweile wieder behoben und auf den Gräbern der Opfer spross neuen Leben in Grün und Blüte.
Gisbrecht von Untsdorf, Verweser auf Siebenhöfen erinnert sich noch mit Graus an die ersten Monate des Jahres, die Zeit der Trauer und des wachsenden Zorns in der Stadt. Die vielen Gerüchte über die verfluchten Missetäter – Der Sonnenorden Champas sollte es gewesen sein, andere meinten es wären Soldknechte aus den Kaufmannslanden oder welche aus Solania gewesen, wieder andere schworen dass die weiße Schlange gesehen ward. Zum Glück, denkt Gisbrecht, bewahrte seine Gnaden trotz der Umstände ein kühles Gemüt und lies seine Schatten wie die Inspektoren des Rates ihre Arbeit tun.
Letztlich konnte Lyncherei weitestgehend vermieden und die Tat direkt dem Baron Champas zu Last gelegt werden. Die Fehde, wie es Gisbrecht scheint schon vorbereitet, ward denn nach der Erkenntnis im April auch sehr schnell gen Champa ausgesprochen und wohl zeitgleich eingeleitet. Dieser bozephalische Tunichtgut in Champa soll sich noch wundern!
Seit Februar schon werden in Siebenhöfen neben Handwerkern und Zugehern auch mehr oder minder offen die Gelbröcke der Mauerwache verstärkt. Ja, man hört sogar öfter wieder ihren ursprünglichen Namen in Volkes Mund – Siebenhöfens Kriegsknechte. Gisbrecht weiß, sein Baron sinnt auf Taten und sein Wahlspruch lässt keine Zweifel, welcher Art diese sein werden. Damit ist er jedoch keineswegs allein. Es kocht immer noch in der Stadt. Die Gelbröcke sind präsent wie wohl nie und viele Schatten durchstreifen die Gassen und die tuchene Stadt.
Wobei, gerade die Tuchene erstaunte Gisbrecht. Siebenhöfener und Solanen der tuchenen Stadt, vereint im Leid um die Opfer jener üblen Nacht kamen sich nahe wie vorher nicht zu hoffen. In den Kaschemmen wurden schon länger kaum noch Schlägereien untereinander ausgetragen, wie es ja fast schon zur Tradition geworden war.
Ja, als Verweser der Stadt lagen Gisbrecht auch schon erste Pläne vor, die äußere Stadtmauer um die tuchene Stadt zu erweitern. Die neuesten Pläne seiner Gnaden Ortwin tragen offenbar Früchte. So ließ dieser im Mai hochoffiziell Herolde durch die Stadt und die Tuchene ziehen, ein Angebot auszurufen. Er bot jedem Solanen der tuchenen Stadt die Bürgerschaft Siebenhöfens mit allen Rechten und Pflichten an. Frohe Kunde aus Solania ermöglichte dieses Vorgehen. Denn, den Gottkaiser dort seit einiger Zeit schon gestürzt, kann die jetztige Regierung endlich genügend Mittel aufbringen, vielen der vor Jahren von dort geflohenen Solanen den Weg zurück in die solanische Heimat zu ermöglichen. Es bleibt spannend, wieviele Solanen in Trum verbleiben und so zu Bürgern Siebenhöfens und damit Trumländern werden wollen. Letzte Informationen lassen auf ungefähr ein Drittel schließen. Die meisten darunter hatten Opfer zum Winterfest zu beklagen. Einige Solanen nahmen sogar sofort an und ließen sich bei den Kriegsknechten einschreiben. Es scheint, Leid, Trauer und Wut einen Siebenhöfen. Baron Ortwin spendet mit seinen Plänen Ziel und die Kirche Ceridons Trost.
Dieses Jahr wird vieles ändern. Da ist sich Gisbrecht sicher. Er reibt sich kurz die Augen und macht sich wieder an die Kontrolle der vorhin hereingkommenen Warenlisten des Nordhafens. 4 Kisten schwere beschlagene Stiefel, 2 Kisten Polsterwämse, 6 Ballen gelbes Wolltuch, 1 Ballen schwarzes Wolltu….