Aus „Die Neuordnung Trums“ Kpt. Sooden – Der Soodenwolf

Kapitel Sooden

Der Soodenwolf

Bekannt ob seiner Passion für die Kunst der Jagd war der Fürst Reich oft in Gesellschaft auf Reisen. So oft sah man ihn geziert von Sauspieß, Bogen und Wolfsfang, dass er wohl als der größte Jäger Trums bekannt wurde. Kein Feiertag, kein Empfang, den er nicht mit der Auslage gewaltiger Strecken als Triumph seines Könnes krönte. Jedermann wusste, als Wild geboren gäbe er gar sicher
den größten aller Schrecken – den König der Jäger. Frug man ihn, welches Biest er am liebsten jagte war die Antworts stets dieselbe. „Kein Hirsch, kein Eber und auch kein Bär vermag mich so zu narren wie der eine wahre Jäger Soodens. Der Wolf.“

Und es begab sich hernach, dass der junge Adel und die Rittersleut ihm nach dem Munde sprachen und Glanz in ihre Häuser zu holen sannen. Sie erlegten Wolf um Wolf, einer mehr als der andere bis, ja bis es in ganz Sooden kaum noch Wölfe gab. Der gute Heimo Reich sah was geschehen ist und Gram erfasste sein Herz. Sein Wettstreiter im Wald, sein Wappentier und liebster Feind war fort und er höchstselbst gab sich die Schuld an dieser Missetat.
Lange Tage lag er gram darnieder, in des Winters langen dunklen Wochen sah man ihn gebeugt durch die Wälder streifen auf der Suche nach Abbitte. Wenigsten einmal noch wollte er einen stolzen Wolf Soodens sehen und ihn um Verzeihung bitten für seine Untaten. Schwören wollte er ihm, niemals wieder einen Wolf niederzustrecken und sei es auch in bitterterster Not. Nach einer besonders kalten Nacht des Jänners fand man den Fürst nach langer Suche halb erfroren in den Kerrathöhen. Umringt von Wolfsspuren und mit lang nicht mehr gesehenem, aufrechten Blick.
Niemand weiß genau, was er erlebte in dieser Nacht, verlor er doch nie ein Wort darüber. Jedoch von diesem Tage an wollte er nicht mehr „König der Jäger“ geheißen werden und sein Wappen zierte seither neben dem Kerratveilchen nur noch der Wolf Soodens. Er verbot die Jagd auf Wölfe, waren sie auch nicht zu finden.

Nein, er schickte nach den besten Zuchtmeistern Trums und aller Herren Länder selbst auf dem fernen Festland. Tief im Wald ließ er einen Zwinger errichten und hieß die Zuchtmeister beste Arbeit zu tun. Woher die Zuchttiere kamen und weche dies waren – bis heute ist dies ein ungelüftetes Geheimnis des Fürsten und der Meister. Es heisst, die letzten Wölfe Soodens selbst gingen in der Zucht auf und prägten ein neue Linie.
Gut zwanzig Jahre vergingen und das Land vergaß die Wölfe, die Zucht und nur die alten Geschichten  über den grauen Jäger Soodens erinnerte das Volk. An einem kalten Abend Jänners, kein Zufall will man meinen, hielt der Fürst ein Bankett zu Ehren
seines Wappentiers und sprach voll Inbrunst Worte, die zu dieser Zeit kein Mensch wirklich verstand.
„Die Wölfe Soodens jagen wieder.“
Der anfallende Jubel galt der damals irrigen Annahme, der Fürst würde wieder jagen gehen und eine neue Zeit dieser edlen Kunst bräche an. Tatsächlich schien es in den ersten Wochen auch genauso zu kommen. Der Fürst gürtete sich alsbald wieder zur zur Jagd und legte die ersten prächtigen Strecken, jedoch ohne dass ein Wolf darunter läge. Das Land war zufrieden und der junge Adel hatte
endlich wieder ein Ideal.

Wie furchtbar musste es den ersten armen Seelen ergangen sein, die des Fürsten Worte Jänners wahre Botschaft im jungen Frühjahr erkennen mussten. Gleichwohl als Räuberbande übler Gesellen bekannt, wünscht kein mitfühlender Mann einem anderen dieses Ende. Es trug sich nämlich bereits erwähnten Frühjahrs zu, dass in den nördlichen Ausläufern der Kerrathöhen eben diese Bande von sich reden machte.
Tross um Tross fiel ihr in die Hände und wer nicht zahlte oder wider die Übeltäter sich wehrte wurde niedergemacht. Ja selbst in einige Dörfer fiel der üble Haufen ein. So überhand nahmen die Klagen, dass der Fürst sich gezwungen sah nicht nur Geld als Schadenbegleichung zu versenden, sondern mit seiner Gewalt als Lehnsherr den Räubern Einhalt zu gebieten.

Man erzählt sich, er hätte ein Lächeln auf den Lippen gezeigt als er mit einigen Getreuen im Wald verschwand. Später tat sich die kleine Gruppe wieder mit einigen Streitern auf dem Weg gen Norden zusammen und man munkelt von großen Schatten die dem Zug folgten und grausigem Heulen im nächtlichen Wald. Der Fürst jedoch lächelte nur und alte Gefährten erkannten alte Größe und Stolz in seinem Blick als er im Angesicht der dreisten Räuber vom Pferde stieg.
Es wird berichtet, er trat ohne Furcht vor die Räuber und forderte diese auf vor dem Wolf Soodens die Waffen zu strecken oder seine Opfer zu werden. Als die Unholde, Herrn Reich als Wolf Soodens wähnten und  höhnend dem Fürst drohten, trat ein gewaltiges Untier aus den Schatten. Auf vier starken, mit Klauen bewährten Beinen stehend, das gewaltige Haupt auf Köpfhöhe und ein Nachtgraues Fell. Es war ein riesiger Wolf von seltsamer Gestalt der zum Fürsten schritt. Dieser zog sein Schwert und auf sein Kommando hin stürmte der Wolf die Räuber und wütete fürchterlich unter diesen. Selbst die Fliehenden kamen nicht sonderlich weit, war der Wolf doch mit wenigen Sätzen über ihnen.

So trat der Soodenwolf aus dem Schatten und fürderhin musste jeder Tunichtgut Soodens damit rechnen als Beute für eine dieser gewaltigen Bestien zu enden. Während der kleinen Kriege wurde der Wolf sogar auf dem Schlachtfeld eingesetzt und trug als Grauer Tod Angst und Schrecken unter die Feinde Soodens. Erst die Wiedener Panzerreiter konnten dem Soodenwolf als ebenbürtiger Gegner auf dem Feld entgegentreten. In der letzten großen Feldschlacht zwischen Sooden und Wieden fiel ein großer Teil des
5. Wiedener Reiterregiments, die Panzerreiter und Stolz Wiedens dem Soodenwolf zum Opfer und die Schlacht konnte so für Sooden gewonnen werden.
Der Preis jedoch war hoch, viele Wölfe wurden niedergemacht und Heimo Reich, Fürst Soodens fiel über seine erneute Missetat am Wolfe und dem Verluste vieler Getreuer erneut in tiefe Trauer. Er hieß alle Soodenwölfe frei zu sein, zerstörte seinen Zwinger und machte sich auf seinen letzten Weg. Seither streifen die Wölfe Soodens durch das Land und sind wieder was sie einst gewesen
waren. Die grauen Jäger Soodens.

(Zur Schlacht und dem Tod Heimo Reichs siehe Abschnitt „Vom Triumph und Ende Soodens“)

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