Ein harter Winter ist vorüber und an der Akademie der Thaumathurgie zu Thortmanne wird das neue magische Semester vorbereitet. Im Wintersemester kamen die Lektionen doch arg zu kurz, waren doch alle überwiegend damit beschäftigt, Holz zu hacken, um in den kalten Nächten die Feuerstellen und die eigenen Lebensgeister wachzuhalten. Zu wenig ließ sich lernen im kalten, zügigen Hörsaal. Bücherseiten waren eingefroren und so manches alchemistisches Gebräu schneeflockig kristallisiert.
Doch nun brach die Sonne durch und das Leben setzte ein in und rund um die Akademie. Freilich oblag es einer ordentlichen Magierausbildung, dass die Adepten ihre Magie in Ordnung hielten. Ungern war es dabei gesehen, wenn ein Besen oder Wassereimer im Anflug von studentischer Spielerei derart verzaubert wurde, dass die Werkzeuge die Arbeit selbst übernahmen. Denn der Putz war immer auch eine Schulung der Diziplin.
Amtsvorzimmernebennachverwalter Gaukelsteyn schaute aus dem Fenster und betrachtete die fehlschlagenden Versuche der Adepten, Gerätschaften durch Zauberei die Arbeit übernehmen zu lassen. Doch anstatt zu fluchen oder mit Material nach ihnen runter zu werfen, war er in Gedanken versunken. Es oblag ihm, an der Jahresplanung mitzuwirken. Da war dieser gescheiterte Klassenausflug vor dem Winter, der den Magieschülern für begrenzte Zeit aus den Büchern ins Leben herausholen sollte. Das Projekt der Sternenwarte war da auch noch, an welchem sich die Akademie zusammen mit diesen Sternenpilgern und dem Sonnenorden beteiligen wollte. Und das undichte Dach. Doch die Finanzen waren inzwischen knapp geworden. Zusammen mit seinem Vorgesetzten Hotario Zwirbel, war Gaukelsteyn vor geraumer Zeit unterwegs gewesen, neue Märkte zu eröffnen. Eine kleine Zweigstelle in der Blutmondtaverne zum Beispiel, wo sie noch Bringschuld zu begleichen hatten. Und auch die Wahrsager- und Sternendeuterzunft wollte er wieder anfachen. Der Sonnenorden zu Champa spielte diesem Ansinnen entgegen, weil dieser seine Sternendeutungshoheit in Gefahr ahnte und sowieso der Zauberey missgünstig eingestellt war. Glücklicherweise besaß die Akademie ein amtliches Existenzberechtigungsschreiben, sonst wäre es ihr gewiss ergangen wie einst den Siebenhöfenern oder ach, gewiss gar schlimmer noch.
All dies flanierte durch Gaukelsteins Kopf, als sich ein Gedanke manifestierte, der beinahe bösartig zu nennen wäre. War es nicht so, dass das gemeine Volk immer noch zu den Hexen ging, um sich Zukunft weissagen zu lassen und Liebes- oder Fluchzauber einzuholen? Die freiberuflichen Hexen blickten doch sehr argwöhnisch auf die Akademie, doch der war es bislang überhaupt nicht gelungen, sich als alternative Anlaufstelle für solcherlei, wenn auch vonehmlich für rechtschaffen weiße Magie zu etablieren. Was wäre, wenn nun die Akademie die Hexen der Landen Trum sich aufs Korn nähme, sich die Konkurrenz vom Leib schaffte? Beispielsweise durch ein heimliches Komplott mit den Siebenhöfnern. Der Baron von Champa mochte ja nun bekanntlich keine Hexenverbrennungsfestivitäten. Zwar mochte Siebenhöfen auch die Akademie gewiss am liebsten zum Bozephalus jagen, aber immerhin betrieb man hier keine Schwarzmagie und führte über die Weißmagie genau Buch, was man von den Hexen nicht sagen konnte. Eigentlich hatte Gaukelsteyn nichts gegen Hexen. Er kannte ja sogar noch einige aus seiner Zeit als Jahrmarktszauberer. Doch nun hatte er eine neue Arbeitsstelle, neue Verpflichtungen und sein Vorgesetzter Zwirbel erwartete Konzepte. Sollte er ihm von seinem Gedanken berichten?