Ein Spektakel in Bückeburg – 2024

Es ist wieder soweit: Von nah und fern erreichen Händler und Wagemutige, Tapfere und Memmen, Hochwohlgeborene und Abschaum das Land des alljährlichen MITTELALTERLICH PHANTASIE SPECTACULUM in Bückeburg. Stolz und prächtig wacht das Mausoleum zehn Tage lang über hunderte von Marktständen, Heerlagern und Gauklerstätten. An zwei Tagen der Woche werden auch von außerhalb ganze Menschenmassen dem Gelage zuteil.

Unter all den Heerlagern befinden sich Piraten und Orks, Ritter und Schmeichler, Hexen und Kreaturen, Nordleute und andere fremdländische Gruppen. Und mittendrin findet sich eine kleine Randgruppe, die aus dem Mittelalter gar nicht wegzudenken ist: Die Pest + Rest GmbH (Gesindel mit begrenzter Haltbarkeit). Was wären die Geschichten des Mittelalters ohne die düsteren Zeiten von Pest und Krankheit, Wundärzten und verfaulten Gliedmaßen? – Märchen.

Ein kleines Lazarett, über dem ein verschmutztes Wappen thront, bietet vergammelnden und von schwarzem Eiter bedeckten armen Seelen eine Wohnstätte. Bei zwei größeren Zelten entdeckt man Vorrichtungen, um Pest und Cholera, Lepra und Pocken wegzusperren, die ansonsten lautstark alle Lager in kleine Kriegsgebiete verwandeln würden.
An einer kleinen Kochstelle köchelt eine Suppe aus Wasser und Speck vor sich hin. Ohne Brot wäre sie wahrlich ungenießbar und ist vielleicht sogar der Grund für all die Krankheiten in diesem Lager. Auf einer Tafel am Lazarett werden manchmal minütlich für Bruder Sieglinde die Toten verzeichnet, die schwarzhosig-weißhemdig mit Trinkhorn in der Nähe entdeckt worden sind.

Eine kranke Frau verkauft einen abgetrennten Fuß, eine Magd preist frische Luft im Glas an, ein Knecht fährt eine Tote auf dem Karren fort, während ein Mönch lautstark betend sein Weihrauchfässchen schwingt. Der Alltag in einem gut besuchten Lazarett. Einmal am Tag wird zum Heerlager-Umzug aufgerufen. Unterwegs wird der Karren mit Toten gefüllt, während Glocken-schwingend die Entsorgung angeboten wird. „Bringt eure Toten raus!!“

Manchmal sind auch die besonderen Abscheulichkeiten zu sehen – eine wahre Freakshow. Die bärtige Frau, der Mann mit dem losen Auge, die lachende Kreatur mit der Maske.

Währenddessen wird man den ganzen Tag mit zehn der immer gleichen Lieder erfreut, die durchaus von einer gewissen Qualität sind, so dass man ihnen trotz der Lautstärke gut lauschen kann. Dabei sitzt man gemütlich im Lager auf einem der zusammengewürfelten Sitzgelegenheiten, trinkt ein oder zwei (oder drei oder vier) Gerstengetränke und beobachtet dabei allerlei Gevolks, das durch die Straßen schleicht. Bei manchem Klamauk wird mitgemacht: ob beim Markttanz Füße schwingend, oder nachts als Hexe von Pestopfern beschuldigt.
Doch des Nachts sind nicht nur Hexen unterwegs. Kleine, menschenfressende Biester kommen aus den Höhlen gekrochen und zerfleischen dich bei Leib und Seele. Da helfen weder spezielle Gerüche, noch brennend heiße Löffel. Des Morgens zeigt sich in blutiger Vielzahl das Nachtgelage der Mutantenmücken.

Auch das Wetter demonstriert unermüdlich seine Macht. Gewitter, Wassermassen, brennende Sonne, kalte Nächte. All das lässt den Boden verschlammen und verbacken. Eine wahre Meisterleistung, die viel Geschick erfordert, am Leben zu bleiben. Doch will ich nicht wissen was wäre, wenn wir Menschen auch noch das Wetter machen könnten.

In der Woche, wenn die Tore des Spektakels für Außenstehende verschlossen bleiben, lässt es sich wunderbar leben. Besonders, wenn die Sonne am Himmel lacht, man sich lustig einen trinken oder in die Stadt schlendern, Spiele spielen oder einfach nur schlafen will. „Krafttanken für das Wochenende“ heißt es dann, „wenn es wieder bunt und lustig wird“, bevor man die Zelte ein weiteres Mal für ein ganzes Jahr abbricht und der Spaß wieder von vorn losgeht.

Fazit:

Als Pest+Rest GmbH hatten wir diesmal ein reduziertes Konzept, was das Mitbringen der Sachen anging. Das war super angenehm! Und trotzdem konnten wir so uns und auch den Besuchern viel mehr Spiel bieten. Wer Lust hatte, spielte auf wildeste Arten die Gäste an. Sei es, dass sie angejammert wurden oder auf dem Totenkarren herumgefahren. Wer dazu keine Lust hatte, ist über den Markt geschlendert oder hat einfach im Lager gesessen und Leute geguckt. Dazu muss ich sagen, dass wir wieder ein unglaubliches Glück hatten. Wir haben als aller-letztes Lager unseren Platz zugewiesen bekommen und hätten es besser nicht treffen können. Auf der Bauerngutwiese direkt bei der Folkbühne, an einer Kreuzung, als Nachbarn direkt die Fressbuden. Wir waren perfekt versorgt mit Musik, Essen und Leuten.

Wenn man als Heerlager zum MPS fährt, muss man lediglich eine Kaution von 100 Euro bezahlen, dafür, dass der Platz sauber hinterlassen wird. Dafür bekommt man Brennholz, Getränke für beide Wochenenden und freien Eintritt zum Markt und sämtlichen Konzerten. Pflichten gibt es mittlerweile keine mehr. Aber es ist natürlich gern gesehen, wenn man an den Aktionen teilnimmt. Sei es den Markttanz, Bruchenball, den Heerlagerumzug, Morgenmesse oder Pestumzug. Tatsächlich war unsere Gruppe in diesem Jahr wieder sehr aktiv dabei.

Unter der Woche kann man sich auf dem Gelände frei bewegen. Ich liebe es, einfach eine Woche dort zu zelten. Einen Tag war ich in der Stadt, man kann aber auch wegfahren. Man kann sich mit anderen Leuten zum Spielen oder Tanzen treffen. Duschen oder Baden ist kostengünstig auch vor Ort beim Zuber möglich.
Wir sind super flexibel gewesen, was das Einkaufen anging. Unsere internen Absprachen waren sehr entspannt und ich muss ehrlich sagen: Wir waren eine megatolle Truppe! Jedes Wochenende waren wir an die zehn Leute, unter der Woche etwas weniger.
Unsere Hunde waren ziemlich nervig, das muss ich zugeben. Vielleicht finde zumindest ich für das nächste Jahr eine andere Lösung.

Außerdem hat dieses Jahr das Wetter noch mehr Kapriolen geschlagen, als im letzten Jahr. Aber auch dieses Jahr hatten wir wieder einen genialen Platz, bei dem wir zumindest nicht unter Wasser standen, während auf der Piratenwiese tatsächlich Boote hätten schwimmen können. Am zweiten Samstag wurde sogar das Gelände wegen einer schwerwiegenden Wetterwarnung geräumt. Zum Glück liegt Bückeburg in so einer Wetterschneise, dass nicht mehr als ein leichter Sommerregen herunterkam. Aber was soll ich sagen? Solche Abenteuer würzen einen Urlaub doch erst recht.

Fakt ist, es war nicht das letzte Mal, dass ich beim Heerlager auf dem MPS dabei gewesen bin: Als Jahresurlaub mit einer Gruppe von Freunden in einer mittelalterlichen Atmosphäre ganz entspannt zelten.

MPS – Mittelalterlich Phantasie Spectaculum

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