Ausflug unter Tage – Anka im Joachimstollen

 
Mit viel eingebildetem Bauchweh reiste ich nach Westflachgrund, um mich dort mit Freya zu treffen. Kam denn nun dort die Rote Keuche her? Mittlerweile waren wir alle wieder gesund, aber was, wenn das nur eine Grippe gewesen war, wie Elder gesagt hatte und ich mich jetzt wirklich ansteckte? Doch wollte ich meine Freundin unbedingt sehen, denn wir wollten herausfinden, wer mir diese Briefe schreibt. Also schritt ich mit Theo an meiner Seite schnell aus.
Wir blieben zum Glück nicht lange in Hardemundt, sondern machten uns gemeinsam auf eine kleine Ausflugsreise – Eine Art Freundinnenurlaub in die Fremde. Wir fuhren ins Fürstentum Reifferscheidt, wo Freya ein Bergwerk kennt, in dem sie oft einen befreundeten nordischen Jarl trifft.
 
Als wir dort ankamen, waren schon einige bunte Gestalten dort und feierten in der Taverne, die sich tief unten in dem Stollen befand. Ich fand es gar wunderlich, dass es draußen so winterlich kalt frostete, mir aber, sobald ich den höhlenartigen Durchgang zum Stollen durchschritt, ein warmer Wind entgegen blies. Ich dachte immer, dass es im Berg noch kälter sei, wo doch dort die warme Sonne fehlt. Aber vielleicht reichte der Stollen auch hinunter bis zu einem magischen Feuer, das sämtliche Gänge erwärmte.
 
Wir suchten uns in der Taverne einen gemütlichen Platz und aßen Feenstaub-Braunkuchen, lachten viel und unterhielten uns mit dem Jarl, seiner Schamanin und Renna, einer bunten Frau mit unendlich vielen Taschen voll mit den unglaublichsten Dingen. Wir würfelten – nicht um Kupfer, sondern um „Dinge“ und Renna zauberte immer wieder neue fantastische Sachen aus ihrem Mantel hervor. Ich habe allerdings wie üblich verloren und schaute später nur noch zu.
Die anderen Mitspieler waren also die bunte Renna, Freya, die einmal sogar einen Kuss setzte! der Jarl Raudrulf, der ständig gewann und zwei junge Mädchen mit Teebeuteln am Hut. Die Teebeutel sollten sie vor himmelfallenden Steinen beschützen und sie verkauften sie so gut, dass nahezu jeder Zweite später mit Teebeutel durch den Stollen ging. Ist ja auch logisch – in einem Berg ist die Gefahr vor Steinen auch viel größer! Diese Theorie muss ich aber unbedingt mit Peter besprechen, der wird seine Freude daran haben. Er hätte sehr gut in diesen bunten Abend gepasst.
 
Überhaupt sah ich an diesem Abend eine Reihe der wunderlichsten Gestalten. Neben einem Kahjiit, einer Faun-Familie, einer Horde Landsknechte und Spießmägde liefen dort noch andere bunte Sonderlinge herum. Ein sehr großgewachsener Mann zog schnell meine Aufmerksamkeit auf sich. Er schwebte geradezu durch den Raum und bewegte sich, trotz seiner Körperlänge in diesen dunklen und oft recht engen Stollengängen sehr geschmeidig und behände. Er trug einen langen, dunklen Gehrock und ein Hemd mit ausgefallenen Rüschen an den Handaufschlägen. Sein Gesicht war überaus blass, doch strahlte eine Erhabenheit aus seinem unwirklich schönen Gesicht. Ich starrte ihm hinterher, der verfolgt wurde von einem Schwarm besonders aufgehübschter Damen.
Als ich fragte, ob das wohl ein Adliger sei, sagte Raudrulf, dass es sich hier um einen Wiedergänger handelt und man dürfe sich auf keinen Fall neben ihn setzen, wenn er dich darum bittet, denn sonst wachte man zwei Tage später tot wieder auf! Wiedergänger…. Sind die nicht gefährlich? Ich dachte immer, die seien noch schlimmer als Orcs. Er nannte den Mann sogar einen Draugr. Wenn bei uns im Dorf der Ohm immer von Draugr gesprochen hat, waren das stets Mischungen aus toten Skeletten und vertrockneten Leichen, die in ihrem zweiten Leben unartige Kinder fressen. Das klingt für mich mehr nach einem Wiedergänger, als dieser überirdisch wirkende Mann.
Freya bemerkte mein Interesse, nahm mich an der Hand und ging mit mir zu deren Tisch. Ganz frech mischte sie sich in das Gespräch der Männer ein – Die Damen saßen nur still daneben – und fing an, sich mit einem der Herren zu streiten. Er wirkte wie ein Buchhalter und argumentierte auf höchstem Niveau. Der adlige Wiedergänger-Mann wurde aufmerksam und verfolgte das Gespräch mit hochgezogenen Augenbrauen. Amüsiert verschränkte er seine Hände und fragte schließlich mit einer volltönenden, sehr tiefen Stimme, die einem durch Mark und Bein ging, ob die Damen – damit waren wir gemeint – sich nicht setzen wollten. Ich riss sofort die Augen auf und starrte Freya an, die ihrerseits zurückstarrte und schüttelte den Kopf. Schnell weg hier! Bevor er uns einwickelt und wer weiß was mit uns vorhat! Wir verabschiedeten uns artig, zittrig, schnell und verschwanden atemlos im nächsten Gang. Erleichtert lachend gingen wir zu unserem Tisch zurück.
 
Es war an sich ein sehr bunter Abend. Mit vielen neuen Freunden, leckerem Kuchen und gutem Bier. Freya verschwand zwischendurch mit Raudrulf, um ein paar Nordmann-Sachen zu regeln. Zum Beispiel schenkte er ihr einen Armreif, was bedeutet, dass sie nun zu seinem Dorf Gladsheim gehört. Hoffentlich entflieht sie nun nicht aus Westflachgrund, weil es dort gefährlich zu werden scheint. Gute Leute wie Freya wird es brauchen, das Gleichgewicht auf Trum zu halten.
 
Ich unterhielt mich unterdessen mit potenziellen Lieferanten für meine Taverne. Kalle und Hein setzten sich zu mir, zwei Friesen, die eine Steinkrabbenzucht aufmachen wollten und deshalb im Bergwerk nach diesen Tieren suchten. Da kamen plötzlich zwei Orcs aus einer dunklen Ecke auf uns zu und zischten Kalle etwas ins Ohr. Er wurde ganz blass und stand auf, während Hein und ich erschrocken sitzen blieben. Die beiden Orcs schlichen weiterhin um uns herum und mich fröstelte es. Einer setzte sich schließlich zu Hein auf die Bank, während der andere ihm nun von der anderen Seite auch etwas ins Ohr zischte. „Ich fühle mich nicht so recht wohl grade.“ Sagte er noch, als Kalle wiederkam. Die Orcs verschwanden und wir beruhigten uns langsam wieder. Bisher hatte ich nur Orcs getroffen, die zwar nicht besonders gut rochen und auch sehr gefährlich aussahen, aber dennoch nichts Schlimmes taten. Diese hier waren von einer ganz anderen Art und mir schauderte. Zurecht. Denn nur kurze Zeit später gab es einen Tumult in den Gängen. Raudrulf, der bekannterweise Orcs bis aufs Blut hasst, hatte sich mit ihnen angelegt und einen Kehlenschnitt kassiert. Es wurde nach einem Heiler gerufen. Als sich niemand meldete, lief ich schnell hin, hatte ich doch von Elder erste Hilfe im Feld gelernt! Renna jedoch hatte magische Heilkräfte und gab Raudrulf etwas von ihrer Lebenskraft, während ich ihn notdürftig verband und immer wieder sagte, dass er aber trotzdem nochmal zu einem Heiler gehen müsste. Das hatte Elder uns eingeschärft!
 
Die Orcs wurden schließlich gefasst und hingerichtet, aber nicht, bevor sie nicht noch weitere Leute verletzten. Der Faun-Mann versorgte die Verletzten und der Fürst befand die Orcs für schuldig und bestrafte sie mit der Todesstrafe, obwohl sie schon tot waren. Dabei wollte Freya doch zu gern zwei Blutadler aus ihnen machen, wie sie mir sehr bildhaft darstellte. Mich schüttelte es bei dem Gedanken daran, dass sie noch den ganzen Abend hinter uns hergeschlichen wären. Aber so konnten wir den Tag doch noch ganz beruhigt ausklingen lassen. Von einer Giftmörderin, die den Abend im Stollen herumgeschlichen ist, habe ich allerdings nur nachträglich noch gehört. Wie gut, dass ich immer Feenstaub dabei habe und unsere Getränke so niemals vergiftet werden können.
 
Freya und ich fanden unseren Weg auch recht häufig zu dem Kahjiit, der in einem Seitengang seine Ware feilbot. Er hatte unglaublich viele Ringe dort, von denen sich Freya direkt eine ganze Handvoll leistete. Sie versetzte dafür sogar ein Paar Fibeln. Ich leistete mir nur einen hübschen kleinen Ring, der mir gleich auffiel. Er leuchtet in der Farbe der Morgenröte und schenkt mir irgendwie eine eigentümliche Wärme. Theo schaute den Kahjiit nur kurz etwas verwundert an, ließ sich dann aber mehr als bereitwillig von dem großen Katzenwesen streicheln und herzen.
Der Hund fiel natürlich wieder sehr auf. Jeder zweite dachte, ein großes Bergschaf triebe hier sein Unwesen, bis sie sahen, dass er das eben nicht ist und nur zu gern Fleisch vom Tisch erbettelt. Sehr schnell hatte er viele neue Freunde und besuchte jeden Tisch in regelmäßigen Abständen. Ich hatte immer ein Auge auf ihn. Als Tavernenschutzhund ist er großartig und tauchte auch hier ab und zu bei der Theke auf, doch plötzlich war er verschwunden. Ich suchte ihn in jedem Gang, rief laut nach ihm, fragte die Leute vor dem Stollen ob er allein oder mit jemandem herausgekommen sei. Vielleicht hatte ja jemand einen langen Finger gemacht. Doch niemand hatte ihn gesehen. Die Leine hing lose in meiner Hand und mein Herz wurde schwer. Noch einmal ging ich zum Khajiit, um auch ihn zu fragen, ob er das Hundetier gesehen hat, schließlich konnte er sich heute vor Käufern kaum retten und vielleicht war ihm doch noch etwas aufgefallen. Er schaute mich nur mit blitzenden Augen an, hob die Decke von seinem Verkaufstisch und da war er! Hatte sich der Halunke doch tatsächlich selbst davon gestohlen? Froh über die Rettung schenkte ich dem Kahjiit mein letztes Kupfer und verließ mit Freya und Theo erleichtert diesen Ort.
 
Ein Ritual haben wir an diesem Abend zwar nicht abhalten können, um die Götter zu fragen, wer mir die Briefe schreibt, aber ich sprach mit Freya darüber, was ich dem Verehrer antworten könne und so freue ich mich schon auf die Rückkehr nach Trum. Mit vielen neuen Ideen machen wir uns auf den Weg nach Hause.
 
by Anka

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