Anka auf Tavernensuche – Der Pachtvertrag


Der Böttcher schaute mich ungeduldig an. „Seid ihr Anka? Ich hasse Verspätungen.“ Ich lächelte ihn etwas unsicher an. Seine beiden Begleiter schüchterten mich doch ein. Zwei große, breitschultrige, grimmig dreinschauende und bewaffnete Männer. Hinter ihnen stand noch einer mit einer Holztruhe unter dem Arm. „Da bin ich! Und doch recht früh, meint Ihr nicht? Aber… Eh… Wo ist denn nun die Taverne?“ fragte ich und wir gingen los.

Sie war nicht weit entfernt, noch im Künstlerviertel, das mir sehr gefällt. Über der Eingangstür quietschte ein hölzernes Schild >Zur Künstlerkneipe<. Nun gut, nicht sehr kreativ, da würde mir schon etwas Besseres eingefallen.
Als wir durch die Tür gingen kamen wir zuerst in einen breiten Flur mit einer großen Aushangtafel, an der bereits zwei Anschläge hingen. „Taverne zu verkaufen! Bei Interesse meldet euch bei der Wirtin Sefa Lebbah“ und diese kam direkt auf uns zu, als wir in den Schankraum traten. Sie begrüßte den Senator recht herzlich und danach auch mich. Ich schaute mich um.

Der Raum war groß und recht gemütlich. Hölzerne Balken trugen das Dach und Teppiche dämpften die Schritte auf den Dielen. Die Tische standen einzeln und auf jedem von ihnen brannte eine Kerze. Einige wenige Gäste waren da. Ein junges Mädchen mit großen Augen, ein düsterer Geselle mit einer Kapuze tief ins Gesicht gezogen und ein älterer Mann mit einem Krug Bier in der Nähe der Theke.
Herr Böttcher stellte uns noch einmal kurz vor, schickte seine Männer an einen Tisch und verlangte eine Besichtigung der Räumlichkeiten. Neben dem großen Schankraum gab es den kleineren Thekenraum mit der Tür in die Küche. Dort war alles vorhanden, was man für eine Wirtschaft braucht ich würde nicht viel neues anschaffen müssen. von dem Flur gingen noch weitere Zimmer ab, wenige stuben, klein, aber gemütlich. Hinter dem Haus war ein kleiner Garten, wo man selbst Gemüse und Kräuter ziehen konnte. Ansonsten lag die Taverne mitten in der Stadt. Die Kirche und die Akademie nur in Spuckweite und ein Fleischer in der Nachbarschaft.
Frau Sefa betonte, dass es hier keine Ratten gäbe, dass sie jede Menge Stammkundschaft hat und dies ein Traditionsbetrieb sei. Sie würden am Tage ungefähr zweihundert Suppen für zwei Kupfer verkaufen! Da musste ich doch sehr schlucken. Zweihundert Suppen! Wieviel Kundschaft bedeutete das denn? Ob das nicht eine Nummer zu groß für mich wäre?

Herr Böttcher fragte mich, ob ich schon Ideen für die Taverne hätte und natürlich erzählte ich ihm direkt alles. Ich geriet ins Schwärmen und meine Angst schwand. Die Taverne wird großartig! Außergewöhnlich möchte ich sie haben. Einfach eine Feenstaub-Taverne! Mit jeder Menge Träumen und Glück!

Frau Sefa wollte die Taverne verkaufen, da ihr Mann und der ihrer Freundin Elinor vor Kurzem bei einem Kutschunglück gestorben war. Seitdem half ihre Freundin in der Taverne mit, doch für die zwei älteren Frauen sei dies nun zu viel Arbeit und ohne einen Mann im Haus auch zu gefährlich. Sie waren dennoch sehr traurig, denn es scheint ihr Lebenswerk gewesen zu sein und ich betonte sofort, dass sie immer einen Platz in dieser Taverne finden würden. Frau Sefa sagte ihrerseits direkt, dass sie mir gerne bei dem Übergang helfen würden. Ich sei doch noch so jung und man müsse vieles bedenken.
Das habe ich Laufe des Tages auch gemerkt…

Naja, jedenfalls hat Herr Böttcher die Taverne für 700 Silber gekauft! 700 Silber… und meine Pacht… ja, meine Pacht beläuft sich auf ein Silber pro Mond. Also zwölf Silber im Jahr. Ich fühlte mich etwas hilflos ohne Henna. Bei den anderen Verhandlungen war er immer mit dabei gewesen und hier war ich grade ganz allein. Völlig aufgeregt und neben mir.

Ich unterschrieb den Vertrag, gerade, als ein Spielmann an unseren Tisch trat. Er wollte mit in den Vertrag aufgenommen werden. Er sei von der Varius Avis Spielmannsgilde in Gergonsmund und biete an, für die Musik in diesem Haus zu sorgen. Ich bin schon von der gilde gehört. Sie sollte sehr gut sein. Nach einigem Hin und Her schlug ich ein. Ich weiß nicht, ob das klug war, aber ich möchte ja Musik haben. Nur dürfe ich nun keinen barden aus meiner geliebten Kunstakademie singen lassen.
Mir schwirrte der Kopf vor lauter Papierkram und Verträgen. Herr Böttcher sagte, ich dürfe nur Waren von der Hanse verkaufen und aus Waren aus Champa würden noch einmal extra versteuert werden. Mir wurde ganz elend. Würde das denn überhaupt noch die Idee meiner Taverne ermöglichen?

Den Rest des Nachmittags vertrieb ich mir in meiner Taverne, um alles kennenzulernen. Die Gäste, die Räume, die Wirtinnen. Die junge Frau mit den großen Augen stellte sich als Hannah vor und suchte eine Arbeit und eine Bleibe. Ich bin ihr sehr zugetan, ist sie doch wie ich ganz allein auf dieser Welt und packte auch direkt an. Wir schrieben als allererstes das Rezept der Morgensuppe in ein Buch und planten einen Garten hinter dem Haus. Wir tauschten Geschichten aus und ich glaube, wir werden sehr gute Freundinnen werden.

Ein Künstler namens Siggi war da, ich hatte ihn schon einmal in der Akademie gesehen. Er bekam sogar einen Auftrag von Herrn Böttcher und half uns später beim Schreiben des Rezeptes, da Hannah nicht lesen kann. Er sollte einfach alle Zutaten dazu zeichnen. Ich freute mich, dass Künstler und Kunden hier so Hand in Hand gingen. Genau so hatte ich mir das immer vorgestellt!

Plötzlich kam ein grobschlächtiger Soldat in die Taverne. Ich sah, dass er das Zeichen der Sense Champas trug und ich bediente ihn persönlich. Er war zwar laut, aber dennoch nicht unhöflich und ich fragte ihn, was er hier wolle. Er erzählte, dass er auf der Suche nach Bruder Lammfromm sei, ob ich etwas wüsste. Ich konnte ihm nichts Genaues sagen. Da stand ein Herr vom hinteren tisch auf und ich erkannte Herrn Alistair in ihm, den Begleiter und Freund von Peter. Ich grüßte ihn herzlich und nach einem kurzen Wortwechsel begann er ein vertrauliches Gespräch mit dem Soldaten. Ich zog mich zurück.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich später noch etwas vorlaut war. Wir saßen alle an einem Tisch und der Weibel zog derbe über die Ceriden-Gläubigen her, so dass ich mich genötigt fühlte einzugreifen. Ich sagte ihm dass das nicht stimme, dass alle Ceriden böse wären. Ich würde auch gute Ceriden kennen. Und ich plauderte aus dem Nähkästchen. Von Henna und Ekarius, von Siebenhöfen. Ich merkte gar nicht, wie ich in Redelaune kam, bis der Mann aufstand, mich anlächelte und sagte „Danke, ihr habt mir sehr geholfen. Ich werde meinem Vorgesetzten davon berichten“, sich umdrehte und die Taverne und Gergonsmund verließ.

Der Tag war lang und anstrengend gewesen. Ich vergaß gänzlich, dass in der Akademie noch der Ordensbruder von Peter auf mich wartete und legte mich zeitnah zur Ruhe. So viele Dinge, die ich nun zu ordnen hatte… Ob ich das alles schaffen würde?

by anka

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