verirrt in den Sümpfen – Anka in Agnatien – Tag 1

In welch merkwürdige Landen waren wir doch gelangt. Herr Ekarius hatte mich gebeten, ihn und die kleine Gruppe auf dieser Expedition zu begleiten. Peter sollte auch unter den Reisenden sein und Ekarius fürchtete, dass es zu Konflikten kommen könnte, die ich mit meiner offenen Art beilegen könnte. Doch Peter war kurz vor Antritt der Reise erkrankt und konnte uns deshalb nicht begleiten. So fuhren Herr Ekarius mit Henna und Bruder Decius aus Siebenhöfen, Herr Alistair aus Escadon und ich in das Land Agnatien. Elder sollte uns eigentlich auch begleiten, doch auch sie war kurz vorher erkrankt.

Beim Verlassen des Schiffes hatte ich so viele Sachen im Kopf, wie ich in den nächsten Tagen die Männer versorgen sollte, dass ich längere Zeit brauchte alles zusammen zu packen. Bruder Decius und Herr Alistair reisten schon vor, um den Aufbau des Lagers zu überwachen, während Ekarius und Henna auf mich warteten.

Als es bereits dunkelte, machten wir uns in einem großen Tross auf den Weg. Darin fanden wir sogar einige bekannte Gesichter! Von der Insel der Erschaffer hergereist waren Herr Iwan und Herr Bernard mit einem hochgestellten Herrn, zwei jungen burschen und einer Magd im Gefolge. Herr Ekarius sprach sich direkt mit Iwan ab und so reisten wir gemeinsam zum Lagerplatz. Das war eine gute Idee. Denn durch den Wald und die Sümpfe war der Weg sehr anstrengend und beizeiten gefährlich. Schnell rutschte man im weichen Boden aus und konnte neben dem Weg im Morast liegen.

Herr Siegbrecht, der der hohe Herr der Knochenwalder war, schimpfte fast ununterbrochen über den Straßenausbau, als wir plötzlich Tumult hörten. Unsere Krieger brachten sich zusammen und einer lief vor, um zu hören, was geschehen war. Es gab einen Angriff! Sogenannte Blutsbarbaren hatten unseren Tross angegriffen und stießen immer weiter vor. Himmel, wo waren wir hier gelandet? Riesige Männer und bemalte Frauen trennten nach und nach Leute von dem Tross, sprangen durch die Sümpfe, griffen an, verletzten Menschen und nahmen auch welche mit. Ich hatte solch eine Angst und blieb die ganze Zeit an Herrn Siegbrechts Seite. Ich hatte das Gefühl, dass alle darauf achteten, dass ihm nichts geschieht und dort fühlte ich mich am sichersten.

Doch plötzlich wurden auch wir von zwei Seiten angegriffen. Ich sprang vom Weg hinunter und versteckte mich vor lauter Angst hinter einem Baum, während ich zusah, wie meine Freunde angegriffen und weitergetrieben wurden – von mir weg. Ekarius rief noch nach mir, doch da waren die Barbaren bereits zwischen uns und ich hockte mich tief ins Gebüsch. Die Latüchte, die ich bei mir hatte, verbarg ich unter meinem Mantel, damit niemand mich fand… aber ich fand nun auch nichts mehr.

Meine Freunde waren weg und die Barbaren marodierten durch den Wald und griffen vereinzelt versprengte Leute auf. Ich rannte durchs Unterholz, bis ich nicht mehr atmen konnte. Stolperte durch die Sümpfe und versuchte den Tross wiederzufinden. Immer wieder hörte ich wilde Schreie und sah Barbarengruppen um Verletzten. Ich irrte schon  lange durch den Sumpf, als ich Henna am Boden liegen sah. Er blutete heftig und einige große Männer standen um ihn herum, rissen ihn auf die Beine und sagten, sie wollen ihn ins Heiligtum bringen. Mir stockte der Atem. Ich wollte schon laut rufen und eingreifen und schreien, dass sie ihn in Ruhe lassen sollten! Doch was hatte ich davon, wenn sie mich nachher auch noch mitnahmen? Also schlich ich vorsichtig hinter ihnen her.

Tatsächlich gingen sie bis nahe an unseren Lagerplatz heran und brüllten dort nach Verhandlungen. Ich bekam nicht viel mit, aber plötzlich zogen sie ab und ließen viele Schwerverletzte, darunter auch Henna am Boden liegend zurück. Wir schafften ihn irgendwie ins Lager, wo wir ihn mittels meiner notdürftigen Heilerkenntnisse versorgten. Tatsächlich begann er später, mich für die Geschehnisse verantwortlich zu machen. Hätte ich auf dem Schiff nicht so lange gebraucht… Ich schüttelte den Kopf. Ein Lager zu versorgen funktioniert eben nicht mit einem Fingerschnippen.

Im Lager trafen wir dann auch auf Bruder Decius und Herrn Alistair, die es sich bereits gemütlich gemacht hatten. Überall brannten Fackeln und es gab Fleisch und Bier. Völlig durcheinander und entkräftet durch das Umherirren durch die Sümpfe und die ständige Angst gefangen zu werden, setzte ich mich nieder. Da sah ich, dass mein Feenrich nicht in seiner Glocke saß. Stattdessen lag darin ein Stück Papier mit einer Nachricht für mich. „Ich kann nicht mehr – Tschüss!“ Ich war erschrocken und verwundert zugleich, hatte er sich doch selbst dazu entschieden, bei mir zu bleiben und ich dachte, solch eine Expedition ließe ihn noch einmal etwas von der Welt sehen. Ich legte seinen Lieblingskuchen in die Glocke und hoffte, dass er ihn die Nacht finden würde und zurückkam, wie er es immer tat.

Dann verteilte ich noch einige Schriftstücke an meine Freunde – ein Bote auf dem Schiff hatte sie mir übergeben und wir erkannten, dass sie alle von Peter waren. Er schrieb mir und klang dabei sehr traurig. Champa soll angegriffen worden sein und jetzt Hunger leiden. Er machte Ekarius dafür verantwortlich, das konnte doch nicht sein? Ekarius und Alistair ihrerseits waren sehr aufgebracht ob der Briefe, die sie erhalten hatten. Hatte Peter wohl keine guten Nachrichten für sie parat. Ja sogar forderte er Ekarius zu einem Duell heraus. Ich schluckte. Das musste ja früher oder später passieren! Aber ich wollte nicht, dass meine Freunde gegeneinander kämpften. Ich redete auf Ekarius und Alistair ein, doch sie wollten nicht hören. Wütend griffen sie diesen Abend noch zu Feder und Papier und überlegten sich eine passende Antwort. Müde ging ich beizeiten ins Bett. Zuviel für einen Tag. Hoffentlich war daheim in der Taverne alles in Ordnung…

by Anka

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