Tagebuch von Gabrielle Fennez

Der Irrsinn treibt sich herum in diesen Landen. Willkür und Boshaftigkeit laufen Hand in Hand mit den einflussreichen Männern dieser Zeit und selbst das einfache Volk weiß nicht mehr, was es glauben soll.
Hätte ich geahnt, dass hier das Leben eines einzelnen nichts wert zu sein scheint und sich ein jeder nur um seine eigene Unversehrtheit bemüht, ich hätte einen anderen Weg für meine Reise gewählt.

Die Anhänger der neuen Eiche sind aus ihrer Heimat Sognefjord ins Exil vertrieben worden. Wehrlose Bauern, Frauen und Kinder hausen seit Wochen in Höhlen und leben von Almosen und dem, was die karge Landschaft bietet. Das Gesocks der weißen Schlange hingegen macht sich breit im Norden und verschlingt jeden, der nicht dem okkulten Treiben folgt. Mord, Folter, Kannibalismus, Gehetze und die Zerstörung eines einst so friedlichen Dorfes sind erst der Anfang.
Doch Arnd Mutbrecht, glorreicher Anführer und Hüter der Eiche, verkriecht sich wie ein feiger Hund, anstatt für seine Leute einzustehen und die weiße Schlange zu zertreten. Dabei hätte er mehr als genug Freunde und Verbündete in seiner Nähe.

Nun muss ich also selbst eingreifen, wenn es sonst kein anderer tut. Sognefjord ist nicht meine Heimat, aber die Menschen sind mir ans Herz gewachsen und das Schicksal will es wohl so.

An dem gestrigen Abend war die Taverne zu Armuria mein Ziel. Die vielen Besucher der Taverne waren mir als Schutz und Deckung nur recht. Unter ihnen war auch Gargan, das zwielichtige Monster, das die weiße Schlange herausgespuckt hat und der Handlanger, der für das Unglück verantwortlich ist. Ich konnte ihm unbemerkt folgen und belauschte ein Gespräch zwischen ihm und dem Baron von Champa. Die Tatsache, dass die Schlange bereits so weit vorgedrungen ist, ist erschreckend – allerdings schien der Baron und sein Gefolge nicht sonderlich beeindruckt zu sein von seinem Gerede. Mein Versuch, einen Soldaten herauszulocken und auszufragen ist bedauerlicherweise gescheitert.. Befehle scheinen doch noch Macht zu haben.

Ich nahm Kontakt auf zu dem Inspektor und seiner neuen Schülerin Kièlo, die zwar auf Neutralität pochten, aber scheinbar noch so viel Verstand besitzen, Gut von Böse zu unterscheiden. Ich berichtete ihm alles über Arnd und die Schlange in der Hoffnung, einen weiteren Verbündeten finden zu können. Und tatsächlich: der kleine Gargan hat seine Abreibung erhalten und ist für den Rest des Abends verstummt. Es besteht also doch noch Hoffnung für die Menschlichkeit in Trum.

Doch das ist erst mein Anfang.
Mein nächstes Gewand wird Schlangenhaut tragen!

Ein Gedanke zu „Tagebuch von Gabrielle Fennez“

  1. Es ist nun schon einige Mondläufe her, da ich Arnd und die Anhänger der neuen Eiche in ihr „Exil“ begleitet habe. In meiner Heimat sollten sie vor der Schlange und ihren Übeltaten sicher sein, auch wenn das keine Lösung auf lange Zeit ist.
    Als Reisende habe ich selbst die Erfahrung gemacht, dass es dich doch immer wieder zurück zieht, ganz gleich wie wichtig oder unwichtig dir deine Heimat war. Und die Menschen, die mit Arnd ziehen, sind zum Großteil bloß Bauern und Handwerker, die ihr Leben lang nichts anderes gesehen haben, als die Ufer und Weiden von Sognefjord. Die gar nichts anderes sehen wollen, als ihre Heimat. In vielen Augen sah ich die Furcht – nicht nur der Schlange gegenüber, sondern auch allem Neuen und Unbekannten, das ihren Horizont übersteigt. Alles was sie suchen, ist ein friedliches und ruhiges Leben, fernab von Kampf und Machtgeplänkel. Ich empfinde tatsächlich Mitleid für diese Wesen.

    Doch in dieser ach So fortgeschrittenen Welt musst du den Mächtigen schon selbst den Kopf des Mörders auf einem Silbertablett präsentieren, ehe dir geglaubt wird, dass es einen Mörder gab. Und selbst dann noch philosophieren sie darüber, was die Hintergründe sein könnten und ob es sich nicht vielleicht doch um einen Betrug handelt. Anders kann ich die Zurückhaltung des Inspektors und seines Lehrlings Kièlo nicht beschreiben.

    Neben einigen unspektakulären Gesprächen in der Taverne zur fröhlichen Henne habe ich ihr von handfesten Beweisen und Erlebnissen berichtet, die Vertreibung aus Sognefjord und die Willkür der weißen Schlange dargestellt und um Hilfe für die nun Heimatlosen berichtet. Doch die Antwort war lediglich, dass man sich in den internen Zwist zweier Brüder ja nicht einmischen könne. Oder auch wahlweise: Dass die Vertreibung eines Volkes noch nicht unbedingt als Gräueltat angesehen wird, so sie denn vom Machtinhaber bestimmt wurde. Solch ein Blödsinn!

    Und auch Aron der Schreiber und seine Gehilfin waren zwar äußerst freundlich und entgegenkommend, doch auch sie wollten mir weder Glauben noch Unterstützung anbieten. Also ist nicht viel dran am Wahrheitsgehalt des Wiedner Herolds. Muss ich als Frau am Ende selbst das Schwert schwingen und der Schlange den Kopf abschlagen?

    Zumindest mit dem Kupfer ist es diesmal erfolgreicher gelaufen: Neben einem Portrait der zarten Bianca und einer skizzierten Landkarte der Region, konnte ich eine Zeichnung der bezaubernden Tänzerin Mara anfertigen. Dumm nur, dass der betrügerische Seemann, der daran Interesse bekundet hat, mich scheinbar im Suff vergessen hat. Männer! Erst bestiehlt er mich und dann das! Sein Gesicht werde ich so schnell nicht vergessen.

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