Von Gergonsmund aus war ich nach Theotmund gereist. Nach einem kurzen Gespräch in Ankas Taverne hatte ich erfahren, das der solanische Söldner-Landsknecht dorthin reisen würde. Diese Gelegenheit wollte ich nutzen, um nicht nur neue, seltene Medizin zu erhandeln, sondern vielleicht auch mit diesen Landsknechten zu sprechen. Es blieb nur zu hoffen, dass sie dort und ehrenhaft waren. Wenn man denn bei gemieteten Soldaten von ehrenhaft sprechen kann.
Henna und Ekarius reisten zurück nach Siebenhöfen, so dass ich mich alleine auf den Weg machte. Ich gebe zu, dass ich auf die Anwesenheit der Fuchsbrigade und der Tyra Lorena Crew hoffte. Keiner von beiden schuldet mir irgendwas, aber dennoch hoffte ich, dass ich im Fall des Falles dort Schutz finden würde.
Daher war es wohl eine glückliche Fügung, dass ich zuerst Ava traf, die an einem Vater Baum Schrein stand. Wir waren uns einig, das es nur gut sein konnte, wenn Vater Baum zurückkam und seinen Kindern, besonders Gort, den Kopf zurechtrücken würde. Während wir dort noch standen und sprachen, lief der Sonnenorden vorbei. Hatte ich es doch gewusst. Vielleicht hofften sie, dass sie mich hier zum Schweigen bringen konnten? Als ich aufgekratzte Wunden an Armen, Hals und Gesichtern der meisten sah, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Nur Lammfromm war wieder einmal davon gekommen.
Trotzdem kümmerte ich mich später am Abend um eine große
Beule an dem Arm einer der Sonnenanhängerinnen, die durch Kratzen entstanden
war. Sie kam aus Escadon nicht aus Champa.
Denn dank Meister Vino machte ich den Sonnenorden aus Escadon nicht mehr verantwortlich,
doch Lammfromm, und alle anderen „Sonnenkrieger“ aus Champa…die will ich immer
noch haben, immer noch am liebsten Scheibchenweise.
So konnte und wollte ich mir auch das eine oder andere Schimpfwort nicht
verkneifen. Prompt folgte mir eine junge Frau des Ordens, und „verlangte“ mit
mir zu sprechen. Als ich sagte, das ich aber kein Bedürfnis habe, mit Freunden
Lammfromms zu reden und sie weiterhin darauf bestand, war sie sich nicht
bewusst, in welcher Gefahr sie schwebte. Denn Veiculo hatte seine Hand an einer
seiner Waffen, da Ava der Crew befohlen hatte, ein Auge auf mich zu halten, für
den Fall, dass ich Schutz brauchte. Allerdings wusste ich das zu dem Augenblick
selbst nicht.
Mit einem Tisch zwischen uns, Veiculo auf meiner Seite sitzend, erklärte ich
ihr, das eine Freundschaft mit Lammfromm kein gutes Ende für den escadonischen
Sonnenorden nehmen würde. Ja, ich berief mich sogar auf Amateras, der ein
Bündnis zwischen Champa und Escadon nicht gutheißen würde. Die junge Frau erwiderte,
die Anführer ihres Ordens und der von Lammfromm hätten befohlen, dass sie mit
ihm reisen müssten. Außerdem hätten sie wohl auch schon gehört, das Lammfromm
keinen guten Ruf habe. „Dann trefft eure Wahl“ waren meine Worte, mit der ich
sie stehen ließ, weil mich jemand rief.
Die Fuchsbrigade war ebenso bereit, wie die Tyra Crew, ein Auge auf mich zu
halten, was mich enorm erleichterte. Schließlich entdeckte ich den solanischen
Söldner, er war mit einer ganzen Gruppe unterwegs. Tief einatmend sprach ich
die Gruppe, eigentlich den jugendlich wirkenden Söldner an, und fragte direkt,
ob sie für den Baron von Champa Siebenhöfen überfallen und dabei Solanen ermordet
hätten. Ihre verdutzten Gesichter wichen schnell Unglauben und sie versicherten
mehrfach, und für mich absolut glaubwürdig, dass sie Siebenhöfen nicht
überfallen hätten, auch wenn sie schon für Champa gearbeitet hatten.
Irgendwie war dies eine Erleichterung, denn wenn ich auch schon lange nicht
mehr dort lebe, so bin ich doch gebürtige Solanin, was aber so gut wie niemand
weiß.
Die Taverne war gefüllt mit Menschen, die ich als Freunde bezeichne, aber es
gab auch wild aussehende Gestalten in Federn, Fellen und Knochen, der Khajit
war da, ebenso wie einige Wesen, die Ziegenhörner auf dem Kopf hatten. Sie
sahen aber nicht aus wie Meister Vino, der ja ein Faun ist.
Interessanterweise waren auch einige Nordmänner aus Trum da, ein Tore, eine Mä
und ein Brenbar, so hießen sie, glaube ich. Sie erzählten, sie kamen aus
Westflachgrund und hätten Lammfromm und Alistair dort schon einmal getroffen,
und erlebt, wie die beiden dort eine junge Frau verbrannt hatten, nachdem sie
sie als Hexe angeklagt hatten. Und das, ohne dass ein ordentliches Gericht
abgehalten wurde! Verfluchte Mörderbande!
Die Jarlin von Westflachgrund hatte es nicht für nötig gehalten, einzugreifen,
aber sie hatte sich ja anscheinend auch mit der weißen Schlange verbündet, wenn
ich es richtig verstanden hatte.
Nun ja, Politik und Religion, nichts in der Welt sind schlimmere Mörder.
Es blieb jedoch keine Zeit, darüber auch nur nachzudenken, der erste
Kehlenschnitt des Abends musste versorgt werden, der Täter war jemand in einem roten
Umhang. Doch die Wunde war schnell versorgt und nach einer Ermahnung, nichts Scharfes
zu essen oder zu trinken für einige Tage, wurde der Seefahrer entlassen.
Kurze Zeit später, nach einem Seelen-Ruf-Ritual der Feder-Fell-Knochen
Menschen, wurden Otto und ein Mitglied der Dorfmiliz überfallen und man schnitt
ihnen ebenfalls die Kehlen durch. Doch auch sie überlebten dank meiner, zum
Glück wieder, geschickten Hände und einer der Landsknechtinnen.
In der Taverne traf ich auf Anka, die mich völlig verzweifelt ansah, sie suchte
nach Süß-Gras. Keine Ahnung was das war, aber irgendwie schien es die Leute
wahnsinnig zu machen. Sie war aber nicht die einzige, die das Zeug haben
wollte. Nach einer kurzen Konfusion sah ich, wie der Marder aus der
Fuchsbrigade schnellen Schrittes zu einem großen Feuer schritt und etwas
hineinwarf.
Eine süßliche Rauchwolke stieg auf und wir alle fühlten uns
unendlich leicht und leichtsinnig im Kopf. Ich wollte Luchs die Haare
abschneiden, Hase wollte mich davon abhalten, wir tanzten um das Feuer wie die
blöden und lachten und kicherten ohne unterlass. Auch der Marder sprang durch
die Lande wie ein kleines Karnickel. Plötzlich machte Dachs irgendwas vor
meinen Gesicht und mir wurde sofort unglaublich übel. Das gleiche machte sie
bei Marder und später auch bei Luchs. Wir kotzten uns die Seele aus dem Leib,
aber danach waren wir wieder klar im Kopf. Genauso ging es auch allen anderen,
denen Dachs diese „Kur“ angedeihen ließ.
Als die Dampfwolke endlich verschwunden war, klang der Abend auch ruhig aus.
Sicher fühlte ich mich jedoch erst, als der vermaledeite Sonnenorden endlich in
irgendeiner Scheune oder wo auch immer verschwunden war.