Tagebuch Elder
Gerade erst hatten wir das Abenteuer in Herrn Becks Domizil überlebt, meine Dämonenherzen hatten geholfen einen freundschaftlichen Zugang zu der Kräuterhexe zu öffnen und die Übergabe eines Tranks gegen den Wolfsfluch hatte auch nicht geschadet.
Doch als ich mich daran machte, meine sieben Sachen zu packen, sprachen Sir Derius und Richter Horatio mich an, ob nicht mit ihnen nach Solania reisen wollte. Sir Derius wollte nicht so recht mit der Sprache rausrücken, worum es ging, doch er wollte einen Heiler dabei haben, den er kennt und vertraut. Zusätzliche Heiler sollte ich wohl sagen. Nun denn, ich wusste, dass Mutter Moll mich in den nächsten Tagen nicht brauchen würde, also schickte ich ihr eine Nachricht und sagte Sir Derius zu, mit ihm, der Magierin Jacqueline, dem Elf Gilbernion und dem Richter Horatio nach Solania zu reisen. Unterwegs, wo uns ganz sicher keine neugierigen Ohren belauschen konnten, erfuhr ich auch, worauf ich mich eingelassen hatte. Sir Derius hatte Kunde von der verschwundenen Lady Estelle, seiner großen Liebe, erhalten und wollte sie nun retten. Da war ich natürlich sofort Feuer und Flamme und versprach mein bestes zu tun, um zu helfen.
Auf verschwiegenen Wegen reisten wir in das Grenzgebiet von Solania, wo Sir Derius schon die eine oder andere unliebsame Begegnung mit Gottkaiserlichen hatte. Angekommen trafen wir auch auf viele bekannte Gesichter wie zum Beispiel den Priester Taar Morgensonne, der Sir Derius das Kommando übertrug, obwohl er wohl irgendwie Sir Derius auch Befehle erteilen kann. Auch Sir Sithguran und der Seefahrer Kai waren zugegen und noch einige andere, deren Gesichter ich mir gemerkt, aber die Namen vergessen habe. Kaum waren wir aufgebrochen, wurden wir von irgendwelchen Waldschraten aufgehalten, die von uns Gold und Silber forderten für die Durchquerung ihres Waldes. Sir Derius und die anderen Kampferprobten Mitreisenden sagten ihnen jedoch ihre Meinung dazu und so wurde der Weg schnell frei gemacht. Verletzte gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, allerdings gerieten wir nur wenig später in einen Hinterhalt von Bogenschützen und Scharmützlern. Sie wurden ebenfalls niedergemacht und die ersten Verletzten mussten versorgt werden. Da es sich jedoch zumeist um Fleischwunden handelte, brauchte ich nicht auf meine wertvollen Tränke zurückgreifen. Es reichte, die Wunden auszuwaschen, mit blutstillenden Kräutern zu versorgen und ordentlich zu verbinden.
Ein weiterer Überfall galt den eher unbewaffneten in der Gruppe, als sich zwielichtige Krieger näherten und vorgaben, nur passieren zu wollen. Kaum waren sie auf einer Höhe mit mir, mitten in unseren Reihen, griffen sie an. Meine stabile Heilertasche fing zum Glück den Schlag ab, der meinem Bein galt. Unterwegs fanden wir kleine Hinweise und Unterstützung durch eine Gruppe namens „Eichenblatt“ die wohl den Gottkaiser ausspioniert oder es versucht und uns den richtigen Weg wies. Je näher wir kamen, desto unruhiger wurde Sir Derius und dass einer der Mitreisenden Mooslinge, winzige Kobolde, geweckt hatte, half auch nicht oder vielleicht auch doch. Immerhin waren diese Wesen freundlich und wollten uns mit ihren Streichen nur vom weitergehen abhalten. Vielleicht lag es an aber dieser Unruhe von Sir Derius, dass er nicht bemerkte, dass wir uns nicht nur eine, sondern gleich zwei Läuse in den Pelz setzten.
Die Erste war ein Holzfäller, der behauptete, sein Sohn wäre entführt und er wäre zusammengeschlagen worden, als er versucht hatte, das zu verhindern. Ich kümmerte mich um seine Verletzungen, doch es schien mir mehr als seltsam, dass Strauchdiebe ein Kind stehlen aber eine riesige Axt dalassen? Meine Befürchtungen stiegen noch mehr als wir nur wenig später einen „Flüchtling“ aufnahmen, der angeblich keine Lust mehr hatte, weiter zu rauben und zu plündern. Der Holzfäller verstand sich viel zu gut mit diesem angeblichen Räuber und die Blicke, die die beiden mir ständig zuwarfen, sorgten dafür, dass ich mir den Schutz von einigen Bewaffneten mitreisenden erbat. Auch das der Holzfäller wiederholt darauf bestand, hinter mir zu gehen, bis ich ihm das verbot, machte es nicht besser.
Leider hatte ich mit meinen Befürchtungen Recht, denn als wir nach einer weiteren Wegstrecke erneut auf Wegelagerer trafen, geschah das erwartete. Die beiden „armen“ Männer griffen an, und bevor jemand eingreifen konnte, traf mich die Axt des Holzfällers in die Schulter und schnitt mir fast den Arm ab. Nur das schnelle Eingreifen von Jacqueline, die mir einen meiner Tränke einflößte, rettete mir das Leben, sonst wäre ich wohl dort in dem nebligen Wald verblutet. Zum Glück war danach das Pulver der Strauchdiebe verschossen, sie hatten wohl endgültig die Nase voll davon, sich verdreschen zu lassen. Am Ende des Weges erreichten wir eine Hütte, in der Sklavenhändler sich aufhielten. Ich verabscheue Sklavenhändler zutiefst und ich bin da wohl nicht die Einzige, wie ich an den Gesichtern der anderen sehen konnte. Auch mit diesen Gestalten machte Sir Derius kurzen Prozess und in der Hütte fanden wir tatsächlich Lady Estelle, die sich allerdings Martina nannte und Sir Derius nicht erkannte.
Als er sie erleichtert in die Arme nehmen und küssen wollte, hätte sie ihn fast geohrfeigt. Sogleich machten sich die Kleriker, Priester und Zauberer daran, Lady Estelles Erinnerungen zurückzuholen, doch nichts funktionierte. Sie wollte auch die zweifelhafte Sicherheit der Hütte nicht verlassen, doch Gilbernion schaffte es, sie mit einem Zauber zu belegen, woraufhin Sir Derius ihr befehlen konnte, ihm zu folgen. Nicht dass Netteste, sicher, aber wir mussten aus dem Wald heraus, die Dunkelheit schien uns nicht natürlichen Ursprungs zu sein. So schnell wie möglich machten wir uns an den Abstieg, verliefen uns unterwegs noch einmal in der Dunkelheit und kamen schließlich doch in der warmen Geborgenheit einer freundlich gesinnten Taverne unter.
Ich hoffe nur, dass wir Lady Estelle nicht zu spät gefunden haben …