Ein Gedanke zu „Escadon V“

  1. Ekarius und ich waren auf einer diplomatischen Mission, geschickt von Baron von Siebenhöfen. Ich hoffte nur, dass Ekarius nicht in irgendwelche Kämpfe verstrickt sein würde, wenn Diplomatie erforderlich war. Wenn ich das versuche, weiß ich, wie das endet, niemals gut. Der Hofzauberer Arian hatte nach Unterstützung geschickt, mit dem Hinweis, dass es um das Überleben des Landes ging. Nur keinen Druck ausüben oder wie war das?
    Na ja, wir waren die nicht die einzigen, die diese Nachricht erhalten hatten. Auf dem Weg zu Burg Graufels trafen wir auf einige recht bekannte Gesichter, dazu gehörte Aratosch, ebenso wie Julius, sowie die Mitglieder des Städtebundes, mit denen Ekarius und ich schon im letzten Sommer so einige Erfahrungen gemacht hatten. Doch deren Magier, auf den Ekarius und ich gleichermaßen gehofft hatten, war nicht anwesend.

    Dafür trafen wir auf Arian, einen hochgewachsenen Mann unbestimmbaren Alters. Er versprach, er würde uns zur Burg führen, doch wir müssten in der Nacht reisen, da die Burg belagert war.
    Eine Belagerung? Ekarius und ich sahen uns nur an, wir hatten Erfahrung mit belagerten Orten und die waren nicht gut. Gut war nur, dass meine Tasche bis zum bersten gefüllt war mit Heilmitteln und Verbänden. Zum Glück war ich auch nicht die einzige Heilerin, wie wir unterwegs feststellten, während die Gruppe immer größer und damit auch immer lauter wurde.

    Wie immer, wenn Gruppen unterwegs sind, gibt es schnellere und langsamere, und anstatt die Gesetze der Gruppe zu beachten, dass die schnellsten so gehen wie die langsamsten, zog sich die Gruppe immer wieder auseinander und ständig musste durch rufen signalisiert werden, dass man warten möge. Nun, ein Anschleichen war bei dem Geklapper und den hell leuchtenden Laternen im Wald sowieso nicht mehr möglich. Am Fuß der Burg wurden wir dann auch erwartet, dieser elendige Kult von Licht und Schatten forderte zum Kampf.
    Nach einigen Sekunden Beratung stellten die Kämpfer sich, während diejenigen, die nicht kämpfen konnten, sich unter Arians Führung auf einem Schleichweg in die Burg machten. Dabei hätten wir fast einen Barden verloren, der unglücklich stürzte und nur in letzter Sekunde festgehalten werden konnte.

    Dennoch erreichten wir die Burg weitestgehend unbeschadet, was auch für die Kämpfer galt, die unseren Rückzug deckten.
    Obwohl die Burg recht beeindruckend schien, fühlte ich mich irgendwie wie in einem Gefängnis. Das Tor schloss sich, die Verletzten wurden versorgt und die Vogtin des Landes stellte sich zusammen mit einer großen, sehr finster aussehenden, Leibwache vor. Das war auf den ersten Blick keiner, dem man im Dunkeln begegnen wollte. Erleichtert war ich, als ich den Helwart Orden, und damit Gerin, Artemis und Amateras erblickte. Ich glaube, Ekarius ging es ähnlich.

    Auch Piertho, ein Schriftgelehrter, war eingetroffen und wir erfuhren Details. Ich verstand nicht alles, aber es ging um Arian, einen bösen Magier namens Tarus, Artefakte und ein Portal, das man öffnen sollte. Was sich auf der anderen Seite des Portals befand, erfuhren wir aber nicht mehr, denn plötzlich war Bewegung vor dem verschlossenen Tor. Einige Kultisten meldeten sich, ich erkannte Ramesch bei den Menschen vor dem Tor. Schon wollte ich rufen, man solle das Tor öffnen, als ich sah, wie Ramesch mit einem finsteren Gesichtsausdruck die Hände hob, ein Leuchten auf seiner Brust wanderte zu seinen Händen und ich schrie stattdessen eine Warnung.
    Das Tor explodierte regelrecht, zum Glück gab es nur einen Verletzten, der durch die Hitze, die auf sein Kettenhemd einwirkte, Verbrennungen erlitt. Ramesch war zusammengebrochen und die Kultisten geflohen.

    Nach diesem Vorfall schien Ramesch’s Erinnerung getrübt, aber er konnte noch berichten, dass er gezwungen worden war. Ich weiß nicht, was schlimmer für ihn war, der Zwang unter dem er stand oder die Tatsache, dass sein Freund Amateras ihm nicht mehr vertraute.
    Kurz danach erschien tatsächlich eine Gestalt namens Tarus vor dem Tor, ich bekam das nicht wirklich mit, weil es mir wichtiger war, meinem Freund zu helfen. Doch das plötzliche Geschrei ließ uns alle aufhorchen. Tarus forderte die Übergabe der Burg, Arian stellte sich dem entgegen. Dann erfuhren wir, dass Arian gefallen sei, was zu einigem an Diskussionen führte. Manche wollten ihn so schnell wie möglich unter die Erde bringen, anderen seine Seele wieder in den Körper zwingen.

    Die restliche Nacht verging ereignislos, sah man einmal von dem endlosen Palaver ab, das mich wirklich zu Tode langweilte.
    Es war meiner Meinung nach völlig überflüssig, vor allem, da ich den Eindruck hatte, dass man nicht miteinander sprach, sondern dass jeder nur seine Meinung und Ansicht durchdrücken wollte. Eine Gemeinsamkeit wurde immer erst nach ewigen Stunden gefunden. Für meine Ohren hörte es sich so an, als würden stundenlang die gleichen Dinge besprochen. Ich sprach lieber mit den Dorfbewohnern und erfuhr unter anderem, dass sie öfter Zeit verloren.
    Sie waren mit Sicherheit nicht die hellsten, aber stolz auf ihre Kartoffeln und Schweine. Sie berichteten, dass sie immer wieder eine beruhigende Musik hörten, und dann waren anscheinend Stunden vergangen, in denen sie unterschiedliche Dinge getan haben mussten. Denn wenn sie wieder bewusst denken konnten, waren sie teils blutverschmiert, dreckig, ihre Kleidung war zerrissen oder sie hatten blutige Waffen in den Händen. Diese Information teilte ich sofort den Mitgliedern des Helwart Orden und natürlich auch Ekarius mit. Auch Bruder Zacharias wurde informiert, er erklärte, es sei wohl ein Beherrschungszauber.

    Zwischenzeitlich hatten einige von uns Träume, in denen die Dorfbewohner uns erklärten, wir wären an ihrem Tod schuld, weil wir nichts unternommen hatten. Ekarius hatte sogar einen Traum, in dem Tarus nach Trum übersetzte nachdem er Escadon hinüber gemacht hatte.
    Im Burghof stellte ich die Behauptung auf, das irgendetwas in der Burg sei, was den dunklen Erzmagier daran hinderte, sie sich einfach zu nehmen. Vielleicht wäre es ja eine Idee, einfach mal zu schauen, zu fragen und zu suchen? Einige andere teilten diese Überlegung. Auch dazu befragte ich die Diener und erfuhr von einer Schwelle, die komisch sei. Am Morgen wollte die Gärtnerin Runa sie mir zeigen, was sie auch tat.

    Es handelte sich um eine Schwelle, die völlig fehl am Platz wirkte und die mit dem Zeichen von Teris versehen war. Ich goss ein wenig geweihtes Wasser darüber, doch es geschah nichts. Also holte ich mir etwas Teris gesegnetes von Gerrin, um es meinem Weihwasser hinzuzufügen. Leider kam ich nicht mehr dazu, es zu versuchen.
    Denn es gab schon wieder Bewegung am Burgtor, das in der Zwischenzeit repariert worden war und die Diskussion um Arians Hülle ging weiter. Meine Gedanken dazu äußerte ich nicht laut, dazu kannte ich die anwesenden Priester und Kleriker nicht gut genug, ich wollte nicht als Hexe enden. So bat ich Artemis, mit in den Rittersaal zu Arian zu kommen, was der, glaube ich, aber sowieso schon vorhatte. Auf dem Weg in den Rittersaal teilte ich meine Überlegungen mit Artemis, dass es möglich sei, dass Arian gar nicht tot war, dann hätte ich vielleicht noch etwas tun können.
    Den anderen Priestern vertraute ich nicht, Artemis dagegen schon, ich wollte seine Bestätigung, das Arian wirklich tot war, das die Seele weg war. Und das war sie. So ließen wir den Körper unter Bewachung aufgebahrt im Rittersaal.

    Der Tag verging so, wie er begonnen hatte, mit einigen Scharmützeln im Wald und vor dem Tor. Auf einmal kam jemand und meinte, die Dorfbewohner würden mit Musik beeinflusst, was mich nur zu einem sarkastischen „ach wirklich?“ bewegte und mir einige giftige Blicke eintrug. Daraufhin wurde gefühlt erneut stundenlang überlegt, was dagegen zu tun sei.
    Julius schlug mir leise vor, dass wir doch meine Salbe ausprobieren könnten. Das Problem war, das wir nicht wussten, ob sie Flüche bekämpfen konnte. Die Vogtin erlaubte uns nicht, jemand mit einem Beherrschungszauber zu belegen. Wieder so etwas, dass ich nicht verstand.

    Da starben Leute und sie wollte keinen kontrollierten Zauber zulassen, weil irgendein Kaiser irgendwo das verboten hatte. Mein Kommentar von „was der Kaiser nicht weiß, macht ihn nicht heiß“ half auch nicht wirklich, da sie spitz erwiderte; Das seien die Gesetze des Landes und sie würde sich daran halten und wir hätten das gleiche zu tun. Genervt fiel meine Antwort entsprechend aus „das ist nicht mein Kaiser und mein Gesetz, ich muss mich nicht dran halten“.
    Nein, weder nett, noch intelligent, noch diplomatisch, aber es regt mich eben auf, wenn einem der Tod von Hunderten, vielleicht sogar Tausenden von Menschen vollkommen egal ist, wegen einem Gesetz, das sonst durchaus seine Berechtigung haben mag.

    Manchmal hatte ich sowieso den Eindruck, dass die Kultisten in der Vogtin eine Fürsprecherin hatten. Selbst der große Amateras wurde von ihnen übermannt. Nicht so sehr körperlich, doch er focht einen Kampf im Geiste mit ihnen aus und es brauchte die Kraft von Gerrin und Artemis, um ihn wieder zu uns zurückzubringen. Vielleicht ist man manchmal umso angreifbarer, umso mehr man glaubt?
    Nun ja, einige Übergriffe, Angriffe und Artefakte später wurde nicht nur die Vogtin erst erfolglos von der Gärtnerin, dann von einer anderen Dienstmagd angegriffen und getötet, sondern eine Lösung für das Musik Problem gefunden. Es wurden Bannkreise gezogen, dann sangen wir alle ein Lied und konnten die Kultisten tatsächlich zurückschlagen bis Amateras, Ramesch und ein Alechemist das Portal durchschritten und wieder zurückgekehrt waren.
    Ich hatte keine Ahnung, wo sie gewesen sind, was sie holten, aber na ja, nichts neues, auch wenn ich es gerne gewusst hätte.

    Von da an dauerte es nicht mehr lange, bis Tarus erneut vor dem Tor erschien, und die Burg forderte. Artemis stellte sich tapfer im Zweikampf, auch wenn ich derartige Zweikämpfe immer für unsinnig halte. Doch sein Manöver wirkte. Denn die Kultisten ließen sich von dem Kampf ablenken und wurden von den Streitern der Burg überrannt, so dass der Kampf sehr schnell zu Ende war. Piertho konnte den Dolch aus dem Portal in den Körper von Tarus rammen und beendete so den Spuk und auch die Beherrschung der unschuldigen Dörfler endete mit Tarus Tod.

    Danach blieb uns nur noch eines zu tun, nämlich die Toten zu verbrennen. Das war aus mehreren Gründen zwingend notwendig. Und die Götter schienen damit einverstanden zu sein, denn das aufziehende Wetterleuchten verschwand, als auch die Feuer niederbrannten. Einige Minuten wurde noch darüber spekuliert, wem die Burg nun gehörte, bevor der Abend in Feiern ausklang und die Bauern wieder ihre Schweine, Hühner, Kartoffeln und Bruderschwestern priesen. Tatsächlich kaufte ich noch ein Ferkelchen für das Hospiz, bevor wir am morgen abreisten.

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