Ein Wehklagen und Jammern

Geplagt von dämonischen Träumen, erwacht Bruder Lammfromm aus kurzem Schlaf.

Wehklage und Jammern dringen seit seiner Rückkehr aus dem brennenden Siebenhöfen durch die Tür seiner Klosterkammer, in welcher er fastend im Gebet dahinsiecht. Einzig der Kupferstich „Bozephalische Invasion“ von Albert dem Dürren hängt über der Pritsche und trägt die Aufmerksamkeit des Klagenden in sich. Vor der Tür wurden Laienbrüder dazu verplichtet von Morgends bis Abends und Abends bis Morgends einen Klagegesang aufzuführen.

„Oh Sonne, Ignis und Heilige Alisea, was habe ich getan? Konnte ich wissen, welche Auswirkungen meine geheimen Brandbriefe haben würden und wenn ich es gewusst hätte, hätte ich mir Einhalt geboten? Und schlimemr noch, ich handelte ohne Erlaubnis der Priore. So viele Tote, so viel Leid. Sind darunter, die ich vielleicht gar Leut‘ mir bekannt? Aber die Sonne ist Zeuge, den ersten Schritt in diese Katastrophe haben die mit Ceriden getan, als sie unseren Tempel abrissen und unsere Brüder und Schwestern vertrieben. Was hätte getan werden sollen? Ein Nichts und weiteren Sonnengläubigen Vertreibung aussetzen? Schwäche zeigen, auf dass Siebenhöfens Hand, sich zum Sturme rüstend, nach der Sonne und Champa greifen angetan wäre, da diese so untätig sich zeigte?“

Die zitternden Finger streifen über den Kupferstich.

„Welche Wahl bleibt mir? Der Weg beschritten und das Kommende nimmer aufzuhalten. So wie es immer war, wird es wieder sein, der Gegenschlag fordert an Menschenleben seinen Zins und der nächste den Zinseszins, bis die Schulden aufgetürmt bis zur Sonne. Denn so ist das Gesetz der Rache.

Nicht alle scheinen einverstanden mit unserer Beteiligung. Munkeln, Hinterhalt sei keine Tugend der Sonnenkrieger, dafür sei die Sense zuständig. Meine Tat darf keine Unruhe im Orden nach sich ziehen, ich muss Zweifel ausräumen. Dies kann ich nicht, wenn sie in mir selbst Zweifel erkennen. Vielleicht war es falsch, was ich tat, vielleicht war es falsch, was wir den Ceriden taten.“

„Ach, gelänge es mir nur, die Wolken über meiner Seele für drei Augenblicke zu vertreiben, ich wollt‘ meinen Pfad annehmen und die Bruderschaft stärken und mich ganz und gar in meine Mission legen.“

So verging eine regungslose volle Stunde im Morgengrauen, als schließlich ein Strahl der aufgehenden Sonne durch das kleine Fenster von Dürrens Kupferstich erhellte und für einen Moment nahm die Sonne Lammfroms Zweifel auf sich und der Bruder konnte sich zitternd erheben und einen Entschluss fassen.

Kurz darauf versammelten sich Brüder und Schwestern in der Sonnenkapelle und Bruder Lammfromm sang inbrünstig einen wissenschaftlichen Vortrag über die ewige Hoffnung der aufgehenden Sonne, bis sich alle im Chor ihm anschlossen.

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