Die Einladung von Ava hatte mich noch in Siebenhöfen erreicht, eigentlich hatte ich vorgehabt, wieder in das Sewenland zurückzukehren und ein wenig auszuruhen, während ich nach neuen Rezepten suchen wollte. Doch der Brief klang dringlich, also packte ich meine Tasche und zog los, in Siebenhöfen gab es keine Notfälle mehr, und abgesehen davon, viele Heiler, auch aus Escadon, und niemand ist unersetzlich.
Im Siebenhöfener Hafen war es nicht schwer, ein Schiff zu finden das zur blauen Insel segelte und nachdem ich Avas Einladung vorgezeigt hatte, war es noch viel weniger ein Problem. Ich spürte wohl die neugierigen Blicke aufgrund der immer noch nicht völlig geheilten verbrannten Hände, doch niemand wagte es, mich danach zu fragen.
Auch fragte die Crew, die fremd in diesen Landen war, nicht nach den bunten Eiern, die ich mitnahm. Als Frühlingsgeschenk, wie es auf Trum in einigen Landesteilen Sitte ist. Dort wird die Legende der Wollmeersau und der Seehexe erzählt.
Es dauerte nicht lange, bis wir an der blauen Insel ankamen, wo ich doch sehr erstaunt war, über die unglaubliche Menge an Schiffswracks, die vor der einzigen Zufahrt zu dem Hafen lagen. Bald stellte er sich heraus, dass die absichtlich so lagen, damit nur Menschen mit Kenntnis hindurchsegeln konnten.
Auf der Insel angekommen, fragte ich mich durch zum Lager der Tyra Lorena Crew und fand sie auch recht schnell. Cassidy und Hidden winkten mir zu, ebenso wie Shiba und die kleine Kanonierin, deren Name ich immer wieder vergesse. Ava rannte irgendwo herum und suchte ganz aufgescheucht etwas oder jemand, so sicher bin ich irgendwie nie. Na ja, ich übergab mein Gastgeschenk an Shiba mit der dazu gehörigen Geschichte. Ich konnte ja nicht ahnen, was daraus noch werden sollte.
Immer mehr Gäste trafen ein, einen großen Teil der Menschen kannte ich schon, zumindest vom Sehen. Shiba schenkte ordentlich aus und so dauerte es nicht lange, bis die Gäste alle in guter Stimmung waren. Allerdings waren wir auch alle neugierig, was es mit diesem Artefakt auf sich hatte. Schließlich ging das Gerücht, das Silas, Ava und noch ein paar andere ein Todesmal auf sich hatten, weil sie sich mit Thalassa eingelassen hatten. Dieser Name war mir völlig unbekannt, aber etwas, dass Todesmale verteilt…. Na danke, das will ich gar nicht näher kennen lernen.
Daher freute mich umso mehr über den Khajit, bei dem ich ein Heilerbesteck erstehen konnte und der seinen schwarzen Kater Bruder wieder traf. Auch eine verrückte Alte lief herum mit einem Schaf und ein weiterer Händler, dessen Angebot aber nicht interessant war für mich.
In der Zwischenzeit machte die Geschichte von der Eierlegenden Wollmeersau die Runde und erzeugte mehr oder weniger nervöses Lachen oder auch verdrehte Augen.
Jedes Mal, wenn die böse Seehexe erwähnt wurde, folgten beinahe sofort furchtsame Blicke über die Schulter, dieses Ding wollte niemand kennen lernen. Aber natürlich lernte wir sie kennen, eine verfluchte Seehexe, die mit ihrem untoten Gefolge auf dem Tavernen Grund umherstolzierte und die Menschen in die Knie zwang.
Sie forderte irgendetwas, ich wusste nicht was. Ich war damit beschäftigt, die eine oder andere Verletzung zu verarzten. Doch ich hörte etwas von einem alten Mann und drei Dingen. der alte Mann hatte einen großen Stab und wer ihn berührte der verlor das Gedächtnis für einige Minuten.
Und natürlich hab ich versucht ihm dem Stab wegzunehmen, weil jemand meinte, das wäre hilfreich. ich bin manchmal echt zu blöd.
Zwei Fell und Knochen begangene Barbaren waren auch da, der Mann war sehr wütend darüber, das niemand der Seehexe, Thalassa, die Stirn bot, er spuckte immer wieder auf den Boden. Als er beinahe mein Kleid traf habe ich ihn entsprechend angeherrscht. Denn auf meinen Reisen habe ich gelernt, dass man Barbaren gegenüber stark auftreten muss, auch wenn man eigentlich Angst hat.
Und ich gab ihm Recht, warum unternahm niemand was? Ava erklärte, man bräuchte die Seehexe, um eine Karte zu entziffern, die wiederum zu einem Artefakt führen sollte, durch die die Todesmal Träger diese wieder los werden sollten. Nun denn, auf ging es, und es kam wie es kommen musste:
Die Barbaren und einige anderen schlugen sich mit den Untoten der Seehexe, die tatsächlich nicht in die Nähe der Seeleneier ging, die ich doch von Trum mitgebracht hatte. Vielleicht ist ja doch mehr dran an diesen alten Geschichten?
Sei es wie es sei, als Cassidy den gefolterten Silas hineintrug, war mir alles egal und ich kümmerte mich um den bebenden Mann, dem man die Finger abgetrennt hatte. Weder bemerkte ich, das Cassidy meine Hände anstarrte, noch, dass der Barbar mich aufmerksam beobachtete. Es war mir wichtiger, dass es Silas wieder gut ging, so gut es einem gehen kann, wenn einem die Finger scheibenweise abgeschnitten wurden.
Doch nach einer Weile gelang es sogar, Silas etwas Warmes einzuflössen und ich bat Cassidy auf den kleinen Mann auf zupassen. Dann sprach der Barbar mich an, ich sollte mir seine Verletzungen ansehen. Er hatte beschlossen, von den anwesenden Heilern nur mir zu vertrauen. Das ging so weit, dass er mir sogar seinen Namen mitteilte und hin und wieder nicht brüllte, wenn er neben mir stand. Als er und Silas versorgt waren, ging ich hinaus und betrachtete, was so vor sich ging, bis Cassidy an mich herantrat und vorsichtig fragte, was mit meinen Händen geschehen sei.
Ich erzählte es ihm, mühsam die Tränen unterdrückend. Cassidys Gesicht verfinsterte sich in einer Art, wie ich es noch nie gesehen hatte. Er zog Schreibzeug aus der Tasche und schrieb sich einiges auf und sagte mit einer feierlich klingenden Stimme: „Und wenn ich dorthin schwimmen muss, den Baron von Champa finde und töte ich!“
So etwas von einem Freigeist zu hören, berührte mich tiefer, als ich zugeben würde und in dem Moment konnte. Thalassa forderte unser Aufmerksamkeit, sie verlangte von Julio und Ava einen Kreis zu zeichnen. Ich konnte mir den einen oder anderen blöden Kommentar nicht verkneifen und fragte, ob wir nicht eingreifen sollten. Cassidy stand nicht weit von mir und meinte „lass uns noch warten“ Meinen Kopf leicht neigend, erwiderte ich; „Aber nur, weil du es sagst“.
Das Ritual fand statt und die Karte wurde wohl entzifferbar, da sie nun mit Blut getränkt war. Irgendwie hatte diese gestört wirkende Händlerin wohl auch etwas damit zu tun. Wie immer bei solchen Ritualen verstand ich nur die Hälfte, aber es gab zum Glück auch nicht viele Verletzte. Alles in allem ein Recht friedlicher Abend, für Seefahrer, Rituale und dem plötzlichen Auftauchen einer kleinen Marine Einheit.
Spät am Abend wurden noch einige nicht unwichtige Gespräche geführt…