Mein lieber Ekarius,
Was habe ich schon lange nichts mehr von dir gehört! Ich meine, dass wir uns zuletzt auf der Eröffnung meiner Taverne sahen, als du mir das größte Geschenk gemacht hast: Meinen Feenrich. Hier sei nur kurz gesagt: es geht dem alten Griesbrummel gut und er bekommt täglich seinen Kuchen! (sonst ist er auch wirklich den ganzen Tag nur am motzen)
Ach, es gibt so viel zu berichten und nur so wenig Papier zum Schreiben.
Ich hoffe, es geht dir gut und keine Arglist hat dich in irgendeiner Form niedergestreckt! Ich denke doch so oft mit einem Lächeln an dich und schicke ganz viele gute Gedanken zu dir herüber, wo auch immer du gerade bist.
Aber ich schreibe dir auch aus einer miseren Lage, in der du mir, wie ich hoffe einen Rat geben kannst. Ich weiß doch ob deiner vielen Erfahrungen und Kontakte, die du auf Trum und besonders in Siebenhöfen hast und vielleicht kannst du diesem dummen Ding – also mir, helfen.
Ich bin wieder unterwegs; mit meiner Taverne hatte ich Pech, aber das ist eine andere Geschichte, die sich zu erzählen lohnt, wenn wir uns mal wiedersehen.
Jedenfalls traf ich gestern einen alten „Freund“ von uns, den Ritter Herrn Kuno von Bärhegen aus Dahle, du erinnerst dich? Und ausgerechnet an diesem Abend in dieser Taverne wurde ich in ein Verbrechen hineingezogen, kannst du dir das vorstellen? Ich! Ich bekam einen Brief von einem H.H. (kennst du einen H.H.?) für den ich anscheinend Waffen nach Gergonsmund schmuggeln sollte. Und es wurde rausgefunden, dass dieser unbekannte H.H. wohl ein Wegelagerer und Dieb ist! Wieso schreibt der mir einen Brief und will mir Waffen geben? Ich kann mich nicht an einen H.H. erinnern… Naja, jedenfalls kam diese ganze Sache zu dem Höhepunkt, dass Herr Kuno mich beschuldigte mit dieser ganzen Sache zutun zu haben und jetzt fahren wir gemeinsam nach Gergonsmund. Die zwei Finder der Waffen wollten mitkommen, um sich den Finderlohn geben zu lassen und der Wirt und sein Gehilfe sollten eigentlich auch mitkommen, aber irgendwie sind alle vier beim Verlassen der Taverne verschwunden. (Eine merkwürdige Taverne mit Portaltüren, wie mir scheint…) Jedenfalls will der Hohe Herr Kuno, dass der ehrenwerte Ratsinspektor Ulfried Wieden die Sache untersucht. Ich weiss wohl, dass Herr Ulfried ein sehr sympathischer und kluger Mann ist, aber irgendwie ist mir nicht ganz wohl, weil doch eben ausgerechnet ich diesen Brief erhalten habe. Du musst mir aber glauben, dass ich nichts damit zutun habe!
Hast du einen Rat für mich, wie ich mich verhalten soll? Ich bin wirklich sehr verunsichert, dass ich bald vor diesen großen Männern stehe und ihnen erklären soll, dass ich unschuldig bin. Du weisst ja, ich rede mich auch des Öfteren mal um Kopf und Kragen. Vielleicht – ich weiss ja nicht, auf welchen Pfaden du dieser Zeiten wandelst, aber wenn du zufällig in der Nähe von Gergonsmund bist… würdest du kommen und für mich sprechen? Aber ein Rat wäre auch schon ganz toll!
In der Hoffnung, dass es dir gut geht und du glücklich bist,
deine Freundin Anka
Ein Bote betritt die Kellergewölbe einer kleinen Abtei und schaut sich suchend um, bis er die halbversteckte kleine Holztür entdeckt. Zielstrebig geht er auf diese zu und tritt nach einer barschen Aufforderung ein. In dem ungwöhnlich hellen Raum sieht er sich einem gerüsteten gegenüber, dessen Gesicht durch eine Halbmaske und eine Kettenhaube nicht erkennbar ist, lediglich anhand eines gelben Wappenrockes über einem Stuhl an der Wand, weis der Bote das er richtig ist. Schweigend überreicht er das Pergament und zieht sich zur Tür zurück.
Der Empfänger betrachtet den Brief einen Moment und schaut kurz in Richtung des Kamins, besinnt sich dann jedoch und legt ihn auf den Tisch. Nachdem er sich abgerüstet hat, nimmt er sich einen Stuhl, setzt sich mit dem Brief vor den Kamin und zieht sich dabei die Halbmaske vom Gesicht, jedoch darauf bedacht, dass der Bote seine Gesichtshälfte nicht in den Blick bekommt. Bei lesen schweift er immer wieder und bissweilen muss er sogar schmunzeln. Dreimal liest er den Brief und starrt dann nachdenklich und bertrübt ins Feuer. Nach einiger Zeit geht er zum Schreibtisch und setzt ein Schreiben auf, welches er im Anschluss Siegelt und dem Boten zuwirft, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Nachdem der Bote verschwunden ist setzt er einen zweiten Brief auf und beginnt seine Ausrüstung zu verstauen………
Meine liebste Anka,
mit freude vernehme ich deinem Brief, dass du am leben bist und es dir eigentlich gut zu gehen scheint. Jedoch betrübt es mich zu hören, dass deine Taverne nichtmehr ist. Ich hoffe der Böttcher macht dir keinen Ärger deswegen oder hat gar etwas damit zu tuen. Aber ich werde deiner Geschichte mit Spannung lauschen, wie einst.
Zu deiner Frage, wie es um mich bestellt ist, nun der indirekte Verrat durch den Baron, dieser unsäglich beendete Krieg und der ungesühnte Verrat eines gemeinsamen Bekannten, nachdem ich ihn auf deine Forderung hin die Hand reichte, beschäftigen mich noch sehr. Hinzu kommt die Verletzung die mir die Mutter des erschlagenen Dämons bei unserer letzten gemeinsamen Reise zufügte. Bruder Decius hat alles versucht, aber seine Macht scheinte nicht ausreichend zu sein und die Taufe hat mich in eine zwickmühle gebracht. Daher bin ich derzeit in einer kleinen Abtei des Eynen in der Ballei Feuerbach, von wo aus ich immer wieder reisen in unterschiedliche Länder unternehme um eine Lösung zu finden und letztlich auch um den Namen und die Macht Siebenhöfens in die Welt zu tragen. Auch wenn ich mir sicher bin, ob es besser gewesen wäre mich vorher aus dem Schwur des Barons zu entlassen. Nunja soviel kann ich dir Verraten.
Zu deinem „kleinen“ Problem. Nun bringst auch du mich in eine doppelte verfahrene Situation. Eigentlich hatte ich nicht mehr vor das Land zu betreten und schon gar nicht Gergonsmund. Die Gerüchte, dass man dort nicht gut auf Gelbröcke zu sprechen ist, aufgrund des Unfalls in Dahle, habe ich noch gut in Erinnerung, ebenso das das dort verbreitete Schmählied. Aber, da du eine meiner letzten Freunde, und mir die liebste von allen, bist, werde ich dir natürlich beistehen. Ich wollte allsbald meine nächste Reise von hier aus antreten, mit zwei alten Bekannten, nun werde ich sie von Georgsmund aus antreten, sofern mein Besuch nicht zu unerwarteten Schwierigkeiten führt.
Jetzt das wichtigste zu deinem Fall.
ich weis und glaube dir, dass du nichts damit zu tuen hast. Aber sei vor Herrn Bruno von Bärhegen und vor allem vor Ratsinspektor Ulfried und seinen Soldaten gewarnt. Ja er ist sympatisch und manchmal nett, aber vergiss niemals, er ist das Auge, Ohr, Mund und Hand des Rates und das ist oft nicht mehr nett und kann zu tatenb führen, die du dir nicht vorstellen magst. Nur ihnen ist er rechenschafft schuldig und ansosnsten unantastbar. Selbst einem Baron oder Grafen steht es nicht zu einen Inspektor in seiner Arbeit zu massregeln oder zu hindern. Gebe acht was du in der Gegenwart der beiden, oder ihrer Männer sagst…… Nein Anka, sprich in deren Gegenwart überhaupt nicht mehr über deine Vergangenheit, die Geschehnisse oder sonst was. Wenn du reden musst, sprich über das Wetter oder die schöne Landschaft. Verweise notfalls auf dein Recht eines Beistandes und Fürredners. Ich werde mich noch heute auf den Weg zu dir machen und so der Eyne will, werde ich nur wenige Tage nach euch in Georgsmund eintreffen.
Noch etwas, sofern sie dir erlauben zu schreiben, brauche ich noch mehr Informationen. Was ist mit dem Wirt und dem Burschen und den beiden anderen passiert. Sind sie bei euch? Der Brief, lag dem noch etwas bei? Ansonsten beantworte mir diese Fragen, wenn wir uns treffen. Zu deiner frage, ob ich einen H.H kenne. Nein, dass sagt mir gar nichts, zumindest nicht auf Trum. Ich kannte einen Schweinehirten mit seltsamen vorlieben aus Escadon, auf dessen beschreibung die Buchstaben passen. Aber er ist seit langen Tod und war viel zu einfälltig und mit den Schweinen beschäftigt, als das er schreiben oder denken hätte können.
Nun ich, hoffe auf ein baldiges treffen und das du ordentlich behandelt wirst. Gnade ihnen der Eyne, wenn dir nur ein Haar gekrümmt wird.
Noch eins liebste Anka, der alte Grummelbart, gib ihn in den nächsten Tagen etwas mehr Kuchen. Manchmal und wenn sie mehr zufrieden sind als sonst, sind Feen zu viel mehr im Stande als Feenstaub zu geben.
Nun muss, ich aber enden und meine Reise vorbereiten.
Möge der Eyne allzeit über dich wachen.
Dein verbundener Freund Ekarius Belvien (Waibel der Mauerwache zu Siebenhöfen. )
In einer Bibliothek Furtenaus sitzt bei Kerzenlicht ein Ratsinspektor über einem alt aussehenden Folianten gebeugt. In schnörkeliger Schrift ist auf dem Einband in fremdländischer Schrift etwas darauf zu lesen was – Tíu Deild –
Plötzlich hebt er den Kopf und atmet hastig und stoßartig ein „Ha…haaa….Hatschieeeee!“
Mein lieber Ekarius,
mein Herz singt vor Freude, dass ich Nachricht von dir erhalten habe!
Ich habe nicht zu hoffen gewagt, dass du so schnell und umfangreich antworten könntest; wähnte ich dich auf Reisen in irgendwelche gefährlichsten Abenteuer, wie ich dich kenne. Doch du scheinst mir wohlauf, zumindest halbwegs – Ich mache mir Sorgen darüber, was du mir berichtest über die Dämonenmutter und dass sogar Bruder Decius dir nicht helfen konnte. Er ist doch so ein kluger und gelehrter Mann, ich dächte, er könnte alles lösen und hätte auf jedes Problem eine Antwort.
Liebster Ekarius, du wirkst in deine Zeilen nicht frei von Herzen und das betrübt mich. Ich hoffe, ein Wiedersehen und eine fröhliche Zeit miteinander können dir etwas von der Schwere nehmen, die dich niederdrückt. Wenn ich dir auf irgendeine Weise helfen kann, du weisst, ich würde es sofort für dich tun! Ich hoffe, wir sehen uns ganz bald wieder und dass du dich auf den Weg zu mir machst, bestärkt mich in diesem Gedanken.
Wenn ich gewusst hätte, dass dir Gergonsmund solchen Widerwillen beschert, hätte ich Herrn Kuno lieber Siebenhöfen vorgeschlagen! Ich habe nicht daran gedacht, verzeih diesem dummen Ding – also mir. Tatsächlich meinte ich zum Ritter von Bärhegen, dass wir vielleicht Glück haben und den Mann, der sich H.H. nennt, dingfest zu machen, sobald er die Waffen von mir einfordert. Er schien nicht zu wissen, dass meine Taverne nicht mehr steht und derzeit laufen dort allerhand Mannen herum, die in aufklärender Sache unterwegs sind. – Wie gesagt, dazu mehr, wenn wir uns sehen.
Der Gedanke an meine Taverne macht mich immernoch sehr traurig, aber ich freue mich, die Zinnen von Gergonsmund zu sehen, das mir doch lange eine fröhliche und bunte Heimat war. Aber vielleicht hast du Recht! Vielleicht sollte auch ich mich anders orientieren und meinen Weg erneut in Wieden suchen, wo niemand schlechte Gedanken hegt…
Ich würde Herrn Kuno sofort vorschlagen, doch nach Siebenhöfen zu reisen, damit dir wohler ist, aber…stell dir nur vor! Als wir des Morgens gemeinsam abreisen wollten – ich in der Sicherheit des ritterlichen Trosses – trat ich durch die Tavernentür und fand mich ganz allein auf freiem Feld wieder! Kein Herr Kuno, kein James und keine Taverne. Ich kann dir sagen, ich zweifele mittlerweile wirklich an meinem Orientierungssinn. Wie habe ich das bloß wieder hinbekommen? Naja, jedenfalls reise ich nun allein nach Gergonsmund, in der Hoffnung dort Herrn Kuno, Herrn Ulfried, Herrn Arnulf mit seinem Begleiter, dem Herrn Veig, den Paul und Horge und in erster Linie dich zu treffen. Oder meinst du, ich sollte doch erst nach Siebenhöfen kommen? Immerhin ist zumindest Herr Kuno in Dahle nicht so weit davon weg, was meinst du?
Ohje, jetzt habe ich schon zwei Papiere voll beschrieben und du hast immernoch nicht die wichtigen Informationen von mir bekommen, nach denen du fragtest. Also pass auf: Der Wirt wollte ein Päckchen für mich aus dem Keller holen, dass wohl jemand für mich hinterlegt hatte. Das war allerdings verschwunden und ich bekam nur den Brief in dem stand, dass ich Waffen nach Gergonsmund schaffen, niemandem davon erzählen solle und er sie in meiner Taverne abholen würde. Herr Arnulf fand schließlich doch die Waffen, die der Knecht Paul versteckt hatte! Dabei lag noch einmal der gleiche Brief und damit beschuldigte eben dieser Herr mich – Dabei haben wir uns an dem Abend doch so sehr angefreundet, ich bin sehr enttäuscht. – und forderte das Belohnungsgeld von Herrn Kuno. Der bestimmte dann, dass wir alle nach Trum reisen sollen, damit sich ein Inspektor diesem Vorfall annehme. Am Abend noch waren Horge, der Wirt und sein Knecht verschwunden, als sie durch die Türe traten. Wohin weiss niemand! Ebenso verschwanden Herr Arnulf und Herr Veig.
Und ich dann am nächsten Morgen auch. – Vielleicht hatte Herr Horge doch damit Recht, dass die Truhe merkwürdige Zauberdinge kann? Sag mir… hast du bereits vor diesem Brief einen von mir erhalten? Waren wir schon bei der Dämonenmutter? Kennst du mich überhaupt?? Oh, Himmel mit allen Göttern schütze uns… Ich bin verloren!!
Ich bete, dass wir zur rechten Zeit, am rechten Ort zueinander finden! Ich werde deinem Rat folgen und den lieben Feenrich in den der nächsten Zeit besonders verwöhnen. Ich weiß zwar nicht, was du damit meinst, was er noch alles kann, aber vielleicht schickt er mich in deine Zeit zurück, so dass wir uns doch bald wieder sehen. – Wie bringe ich ihn denn dazu solche Dinge zutun? Einfach gut zureden?
In der Hoffnung, dass doch noch alles gut wird und du nicht einsam und allein in deinem verfluchten Gergonsmund beim Herrn Ulfried stehst, – Es tut mir so leid! – sende ich diese Zeilen zu dir.
Mögest du eine glückliche Reise haben und dein Herz leichter werden lassen.
Deine Anka