Ein Brief Ankas hatte mich erreicht, sie lud ein zu der Eröffnung ihrer Taverne in Gergonsmund. Ich sah ich um und entschied mich zu der Taverne zu fahren, vielleicht konnte ich von dort aus einen Brief nach Solania weiter leiten. Ein Schatten vor meiner provisorischen Kammer ließ mich aufblicken und mit einem kurzen Schaudern dachte ich an die gestrige Begegnung auf dem Weg ins Hospiz. Nein, ich würde Henna bitten, den Brief zu überbringen, er konnte sich wenigsten wehren. Meinen Mund würde ich trotzdem nicht halten, dieser größenwahnsinnige Champa Baron musste aufgehalten werden, Krieg war eine Sache, ohne eine Warnung Menschen zu verbrennen, eine ganz andere.
Als ich müde von der Reise bei der Taverne ankam, sah ich schon einen Mann draußen liegen, er schien niedergeschlagen oder gestürzt zu sein. Er hatte jedoch nur eine große Beule, so dass ich ihn nach einer kurzen Untersuchung mit der Ermahnung weiter schickte, er solle nicht so viel trinken. Im Gebäude, das gut gefüllt und recht gemütlich war, vergaß ich auch nicht, Anka mein Geschenk für ihre Taverne zu überbringen, die alte Frau auf dem Markt hatte behauptet, der Krug würde Glück bringen. Ich hoffe für Anka, dass es so ist. Als ich mich umsah, entdeckte ich nicht nur Henna und Ekarius, sondern auch den verhassten Sonnenorden. Alistair und seine Begleiterin interessierten mich nicht, dafür aber dieser widerliche Lammfromm, der sogar eine Statue in Champa bekommen hatte, für seine „Ordensarbeit“. Für mich war klar, was das bedeutete, nämlich dass er in die Anschläge verwickelt war.
Es brodelte derart in mir, das ich beinahe Meister Vino, einen langjährigen Freund und Vertrauten nicht sah, der mit seiner Tochter auch dort war.
Eigentlich hatte ich nicht vor, Ankas Tavernen Eröffnung mit Blut zu besudeln, doch irgendwie war es mir egal, wenn es sich um Lammfromms Blut handeln würde. Tatsächlich würde mir das sogar recht sein. Es gelang mit keine zwei Minuten lang, nicht meinen Hass auf den Champanischen Sonnenorden auszusprechen. Vor allem nicht, als ich einen Solanischen Landsknecht entdeckte. War dies einer der Landsknechte, die der wahnsinnige Champa angeheuert hatte?
Er hatte ein freundliches offenes Gesicht, doch Landsknechte sind Söldner, sie arbeiten für Gold und so manches junges Gesicht verbirgt einen Massenmörder. Mühsam die Kontrolle zurück gewinnend, setzte ich mich an einen Tisch mit einigen Zwergen, die mit allesamt weiblich schienen. Sie sagten, sie seien aus Mitraspera, ein Ort, von dem ich schon oft gehört hatte. Sie fragten, warum ich so wütend auf den Sonnenorden war. Also erzählte ich ihnen was in Siebenhöfen geschehen war. Mag es der Alkohol, die Erschöpfung oder einfach der Hass gewesen sein, ich erzählte ihnen auch Dinge, die ich bis dahin niemanden erzählt hatte. Als Tränen in meinen Augen brannten, musste ich fort, ich weine nicht, es sei denn es regnet, so dass niemand es sieht.
Meister Vino fing mich ab, mag es an dem Vertrauen liegen, das ich zu ihm habe oder das er ein Faun ist, als wir in einer Ecke saßen, Henna und Ekarius am Tisch nebenan, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich schäme mich dafür, meine Probleme sind meine Probleme, ich muss nur funktionieren. Vino verstand es, ich weiß nicht, was er tat, doch ich fühlte mich plötzlich viel ruhiger, meine Wut, mein Zorn, ja sogar der Hass waren noch da, aber nicht mehr so abgrundtief brodelnd. Lammfromm steht immer noch auf der Scheibchenliste. Dennoch schaffte Vino es, mich zum Lächeln zu bringen als er alle Flöhe, Schaben und anderes Getier der Taverne rief und sie zielsicher zu dem Tisch des Sonnenordens schickte, die prompt anfingen, sich wie blöde zu kratzen.
Vino sagte, die Tierchen werden die Gestalten wohl noch eine Weile heimsuchen.
Überrascht war ich, als selbst hier in dieser großen Stadt eine der verfluchten Blumen auftauchten. Prompt dauerte es nicht lange, bis auch ein Schlangen-Mann erschien und nach der Perle fragte, die in solchen Blumen erscheint. Als er mich mit dunkler Stimme nach der Perle fragte, herrschte ich ihn an, er brauche nicht zu glauben, ich habe Angst vor ihm und seinem Schlangenkult. Er kam auch nicht viel weiter, denn Vino schlug ihn nieder und noch bevor er fiel, hatte Darré ihm die Kehle durchgeschnitten.
Die Gäste ignorierten das Geschehen völlig, tranken weiter Ankas Feenstaub Bier, lauschten der Bardin, die sich redlich mühte, ein Hochzeitsvermittler und ein seltsamer Mönch liefen herum. Unruhe kam auf, als jemand nach mir rief, Ekarius wäre verletzt. Schnell eilte ich hinaus, doch Meister Vino kümmerte sich schon um den Weibl. Ekarius hatte mit Darré gesprochen als ihn plötzlich etwas oder jemand niederschlug. Vino glaube ich, wenn er sagt, das Ekarius geschlagen wurde. Die Erklärung, das irgendwelche Kukussnüsse von den noch winterlichen Bäumen gefallen wären, war so hirnrissig wie offensichtlich unwahr. Und als kurz nach zwei Knochenwaldern eine Abordnung aus Champa mannstark und mit gezückten Schwertern in die Taverne stürmte, gab es noch mehr Unruhe.
Ich bekam nicht genau mit was sie wollten, aber auf einmal waren alle draußen auf dem Hof und Gespräche wurden geführt. Denn diesen Moment nutzte Darré, um mich zur Seite zu nehmen. Zu meiner Überraschung hörte ich, dass er zur Wintersonnenwende ebenfalls in Siebenhöfen gewesen war. Der Abenteurer aus Solania hatte Freunde in der tuchenen Stadt besuchen wollen. So wusste er, dass alles, was ich sagte, die Wahrheit war.
Er erklärte mir, dass er einen Auftrag habe, Ekarius und Henna zu töten, doch er würde es nicht tun, er wollte erst wissen, warum er die beiden umbringen sollte. Sowohl der Auftrag war ein persönliches Anliegen genauso wie es Darré ein Anliegen war, heraus zu finden, wer alles an dem Überfall auf Siebenhöfen beteiligt war. Ich versprach ihm, weder ihn noch etwas anderes zu nennen, aber zu versuchen, herauszufinden, wer es wohl auf meine Freunde abgesehen haben könnte.
Während des darauf folgenden Gesprächs mit Henna und Ekarius tauchte die Sonnenorden Abteilung auf und Lammfromm fing an, eine Rede zu schwingen. Hätte Henna mich nicht mit einer eisenharten Faust niedergehalten, ich wäre aufgesprungen und hätte dem Widerling ins Gesicht gespuckt. Ich konnte sehen, wie es in Ekarius arbeitet, er hätte ihn auch am liebsten niedergestreckt, doch er musste Befehle des Barons befolgen.
Nun, ich nicht. Aber Henna verhinderte erfolgreich, dass ich eingreifen konnte. Als der Sonnenorden wieder abgerückt war, stritt ich mich mit Ekarius, verbittert über sein Verhalten und stürmte hinaus. Ich hörte Anka noch nach mir rufen doch ich musste fort, ich konnte nicht mehr klar denken, ich wollte jemanden töten, nicht nur töten, ich wollte jemanden zerreißen, zerfleischen, bis nichts mehr als eine blutige Masse dort war.
Knurrend wie ein Tier lief ich
durch die Gassen, ich weiß nicht wie lang, doch irgendwann stand ich wieder vor
der Taverne von Anka.
Immer noch grollend betrat ich die Taverne, um mich mit Ekarius und Henna
auszusprechen. Dort erfuhr ich von verschiedenen Seiten, dass der Sonnenorden
danach trachtete, mich zum Schweigen zu bringen und das ich auf meinen Rücken
achten solle. Ich wusste doch, dass es eine feige Mörderbande ist!
Selbst als der Orden irgendwann die Taverne verließ, blieb ich bei Ekarius und
Henna, denn den beiden vertraue ich wie nur wenigen Menschen. Doch die Zimmer,
die Henna besorgt hatte, haben wir nicht genutzt, denn der Sonnenorden wusste,
um welche Räume es sich handelte. Aber wenigstens konnte Henna den Brief an Sir
Derius einem der Solanen übergeben, so dass er den Anführer der Wache von Lady
Antonia erreichen wird.
Am nächsten Tag reist ich zurück nach Siebenhöfen, und mehr als einmal war ich
mir, wie schon in den letzten Tage sicher, dass ich verfolgt wurde.