Ich habe seit meiner Rückkehr von Amaris, und wenn ich ehrlich bin, auch schon lange davor, über eine bestimmte Salbe nachgedacht und schon mit den Alchemisten, den Priestern und auch den wenigen Magiekundigen hier auf Trum gesprochen. Je nachdem, mit wem ich sprach, hielten sie die Idee für unsinnig, gefährlich oder wirkungslos. Doch stur wie ich oft bin, ließ ich mich nicht abbringen. Auf keinen Fall werde ich die Rezeptur von der Salbe aufschreiben, das erscheint mir gerade in diesem Moment viel zu gefährlich, denn noch weiß ich nicht, wie die Reaktion sein wird. Und damit meine ich nicht nur die Reaktion auf die Wirkung, so die Salbe denn überhaupt eine hat. Es könnte unglaublich wertvoll sein oder Schitzimatuki. Einige Tage lang habe ich überaus sorgfältig gewogen, gemessen und gerührt. Nun steht die Salbe in einem kleinen Tiegel vor mir auf dem Tisch, manchmal denke ich, sie beobachtet mich. Obwohl das natürlich Unfug ist. Dennoch, ich habe das Gefühl, das es vielleicht doch keine so gute Idee war…
Nein! Ich lasse mich nicht abbringen diese unansehnliche Salbe zu testen, wenn es klappt, kann ich noch mehr Menschen helfen….wenn nicht, werde nur ich Schaden nehmen. Testen werde ich die Salbe das erste Mal in Amuria. Dort sind die richtigen Leute, die ich brauche und hier auf Trum wird es niemand erfahren, wenn es nicht funktioniert. Wenn es jedoch klappen sollte, dann ….
Es hat nicht funktioniert.
Die wohltuende Wirkung habe ich vorhergesehen, doch das eigentliche Geheimnis ließ sich noch nicht entschlüsseln.
Es wäre wohl auch zu einfach gewesen, und Sachen die zu einfach sind, sind nie gut.
Meister Vino, der Faun, der schon mehr Generationen auf diesen Welten wandert als so mancher zählen kann, erklärte sich bereit mir zu helfen. Doch er weigerte sich standhaft, mich als Testobjekt zu nehmen, und ich wollte ihn nicht nehmen.
Doch er gewann unsere hitzige Diskussion, immerhin hatte er die besseren Argumente und auch die besseren Heilmethoden.
Um so mehr tat es mir leid, dass es nicht funktionierte.
Doch ich habe Kontakt zu Julius, zu Balduin und zu Anderson aufgenommen. Ich habe keine Ahnung, ob meine Nachrichten sie erreichen werden und ob sie antworten. Immerhin bin ich keine gelehrte Person.
Allerdings hoffe ich auf Antwort, und dass diese Antwort gut versiegelt ist.
Es ist einfach zu gefährlich im Moment, und damit meine ich nicht nur die immer rauer werdende See. Daher werde ich wohl bald noch einmal nach Amuria aufbrechen, bevor es unmöglich wird die Inseln zu verlassen.
Neugierig öffnete ich den Brief, den ein Durchnässter Bote mir überreicht hatte. Offensichtlich hatte Balduin mich gut beschrieben, denn der Bote überreichte den Brief ohne viel Federlesens.
„Werte Elder,
ich habe mich sehr über Euren Brief gefreut. Es waren schwere Zeiten, die hinter uns liegen, und ich bin froh Euch an unserer Seite da gehabt zu haben. Wir haben leider nicht alles umsetzen können, was geplant war, doch sicher wird sich das nächste mal eine Gelegenheit bieten.
Doch kommen wir zu dem, was ihr in eurem Brief angesprochen habt. Es hat mich zwar einige Zeit gekostet, doch ich habe ein paar interessante Dinge herausgefunden. Es gibt einige Pflanzen, die von sich aus nach Erzählungen Magie beeinflussen. Einige der Erzählungen sind Aberglauben, doch wenige haben einen merkbaren Einfluss auf die Magiefähigkeit. Hierbei habe ich ein Rezept gefunden, das die fremde Kontrolle über den Geist auflöst. Im Weiteren habe ich Abschriften einiger Schriften angefertigt und mit in den Brief gelegt. Es wird noch einiger Prüfungen bedürfen, bevor ich Euch einige Proben des Mittels zukommen lassen kann, welches ich vorhin erwähnt habe. Die Zutatenliste und das Mittel werden von zwei unabhängigen Boten gebracht. Ich werde natürlich stillschweigen bewahren, da, solltet Ihr erfolgreich sein, das was ihr vorhabt in den falschen Händen eine sehr gefährlich Waffe sein kann.
Mit kollegialen Grüßen, euer Freund Balduin Glen“
Eine Waffe? Nachdem ich die Worte gelesen hatte, musste ich mich erst einmal setzen. Ich baute doch keine Waffe! Es sollte eine helfende Wirkung haben… Doch dann fiel mir wieder ein wie ich in Escadon half, Ekarius Leben zu retten. Der Blutungsstillende Trank konnte töten….
Sollte es hier auch so sein? Nein, töten sicherlich nicht. Doch nach der Warnung war es um so wichtiger, nichts nach außen dringen zu lassen, denn es könnte auch das Hospiz in Gefahr bringen.
Trotzdem werde ich die Forschung vorantreiben, die Notizen von Balduin kamen gerade rechtzeitig, tatsächlich hatte ich eines der Kräuter schon einmal in der Apotheke des Hospizes gesehen. Vielleicht würde das den gewünschten Erfolg bringen, wenn ich die Salbe das nächste mal in Amuria testen werde.
Mein Aufenthalt in der Apotheke ist nichts ungewöhnliches, so war es auch kein Problem Elfenampfer zu besorgen. Das mischen der Salbe mit dem Kraut war auch unproblematisch und so sah ich dem nächsten Test mit Spannung und sogar einer Art Hochgefühl entgegen.
Doch es war eine Katastrophe.
Nicht nur, das es nicht wirkte, es hatte noch die unerträgliche Nebenwirkungen. Da ich diesmal das Testobjekt war, konnte ich diese Nebenwirkungen am eigenen Leib und aus erster Hand erleben.
Neben unglaublicher Übelkeit, durchlebte ich auch noch meine größte Angst, hilflos dem Blutsauger gegenüber zu stehen. Nein, nicht stehen, ich war am Boden und konnte nicht einmal versuchen, wegzulaufen.
Verdammt!
*Ein Geräusch unterbricht das mühsame Aufschreiben des Tagebuchs, so dass die Heilerin aufsteht und nachschaut, ob jemand vor der Tür ist. Tatsächlich ist dort eine Novizin, die ihr einen Zettel in die Hand drückt und wieder geht. Das Siegel ist nur wage bekannt, glücklicherweise ungebrochen. Als es geöffnet wird, findet sie eine Nachricht von Julius, er kennt etwas, doch es ist ungetestet und er wird, wenn überhaupt, nur Tests unter seiner Aufsicht erlauben.*
Noch ein Rückschlag, aber verständlich. Was Julius andeutet, lässt auf noch unerfreulichere Nebenwirkungen schließen. Ich bin kein Alchemist, auch wenn andere das vielleicht denken weil ich meine Tränke und Salben selbst herstelle. Allerdings habe ich überhaupt kein Interesse daran, irgendwelche Gifte, betörende Tränke oder dergleichen herzustellen. Auf jeden Fall musste ich so schnell wie möglich Balduin eine Nachricht schicken, das er auf keinen Fall Elfenampfer für diesen Zweck verwenden soll.
Erneut wurde ein Brief Balduins überbracht, er zeigte sich ebenso bestürzt und überrascht von den Nebenwirkungen des letzten Experimentes, wie ich es war. Doch wenn die Legenden wahr sein sollten, die sich um Elfenampfer ranken, dann wäre es nicht verwunderlich. Hmm, Dost und Elfenkraut möchte Balduin haben? Sicher nach den vergangenen Ereignissen in Amaris waren dort alle Vorräte aufgebraucht oder zerstört.
Unsere Apotheke war voll von Elfenkraut, Dost war nicht so reichlich vorhanden, doch eine kleine Menge sollte ich verschicken können.
Bevor ich mir selber etwas aus der Apotheke holen konnte, erblickte ich einen Mann, der auf da Hospiz zuritt. Es regnete in Strömen und die Stirn runzelnd beobachtete ich, wie er absaß, das Pferd nur nachlässig festband und auf das Tor zuging. Das musste der Bote sein, von dem Balduin sprach oder es wurde in Heiler benötigt. So oder so eilte ich auf das Tor zu, um es zu öffnen, bevor es jemand anders tat.
Tatsächlich war ich schnell genug und grüßte den Reisenden freundlich, doch er sah mich nicht einmal an, fragte nur, wer nach Eire entführt worden war und wartete auf Antwort. Es dauerte einige Momente, bis mir die gewünschte Auskunft einfiel.
Nickend nahm er es zur Kenntnis, drückte mit etwas in die Hand und verschwand wieder im Regen.
Wieder zurück in meiner Kammer öffnete ich das kleine, gut versiegelte Paket und entnahm die Nachricht und eine Phiole mit trüber Flüssigkeit. Ich lass die Notiz und wog nachdenklich die kleine Flasche in meiner Hand. Entspannte Patienten mochte ich, doch ich selbst gehörte nicht unbedingt zu den Menschen, die freiwillig Rauschmittel zu sich nahmen, sieht man von dem einen oder anderen Becher Bier oder Met ab.
Doch wenn man damit wirklich eine geistige Kontrolle oder sogar Verwirrung aufheben kann wenn man es mit anderen, ebenfalls harmlos erscheinenden Mitteln mischt…interessant und SEHR gefährlich. Ich versteckte die Phiole sorgfältig und zwar dort, wo niemand etwas Geheimnisvolles suchen würde, in meiner Heiltasche, alle kannten den Inhalt aus Verbänden, Medizin, Tränken und Besteck.
Dann ging ich erneut in die Apotheke, holte Drachenwurz, das letzte bisschen, das wir hatten für mein Experiment, sowie Dost und Elfenkraut für Balduin. Die beiden Letzteren verpackte ich überaus sorgfältig schrieb etwas Falsches darauf und gab an diesem Abend ein Paket einem Boten, das andere würde erst in zwei Tage auf die Reisen gehen.
Erfolg!
Und gleichzeitig ein Rückschlag, denn die Apotheke hat keinen Drachenwurz mehr. So habe ich einen winzigen Tiegel mit Salbe, die tatsächlich funktioniert. Doch woher kann ich mehr Drachenwurz bekommen?