Ankas Tagebuch – Feenstaub auf Lyosan

Wie überrascht ich war, als ich in Onkels Schöngeistakademie auf den Korridor trat und mit Peter zusammenstieß. Ein wilder Schwarm von Notizzetteln flog durch die Luft um uns herum auf den Boden. Peter! Er hatte mir doch geschrieben, dass er in einem Kloster war, um zu sich zu finden!

Er hatte nicht nur sich selbst gefunden, sondern auch den Glauben zur Sonne und wirkte dadurch sehr erleuchtet. Und jetzt trat er mir ausgerechnet hier auf die Füße.

Er war zu einem der merkwürdigen Lehrgänge vom Majestro gekommen. Das Ganze hatte etwas mit Galgenhumor oder so ähnlich zutun… Ich möchte nicht schlecht darüber reden – Ich habe in der Zeit dort einiges gelernt und gesehen. Immerhin habe ich auf und seit Nordgaard schon so vieles Schönes gesehen. Wer weiß, wo ich Gesang und Dichtung in meinem Leben noch einmal brauchen werde.

Wie auch immer, ich wollte raus aus dem Haus und da kam mir Peter sehr gelegen, der sich gerade auf dem Weg nach Welder befand, um sich dort einem Sonnenordens-Ritter anzuschließen, den ich auch bereits kennengelernt hatte. Auf Escadon hatte ich bereits ein paar Worte mit Herrn Alisteer gewechselt und ich freue mich, dass Peter in ihm einen Weggefährten finden könnte. Aber ich hatte unseren Galgenpeter nun so lange nicht gesehen und freute mich, ihn ein Stück des Weges begleiten zu können und so zogen wir los.

Unser Weg führte uns nach Lyosan. An einem grauen Tag kamen wir von einem Berg zu einem Tal mit einem großen See. Unsere müden Füße wollten wir in der Taverne rasten lassen, doch es lagerte eine Menge buntes Volk vor dem Dorf und Peter erkannte einige Freunde. Sie kamen mir recht zurückhaltend vor, doch das mag daran gelegen haben, dass es zuvor zu einigen Angriffen durch fremde Mächte und Krieger gekommen war. Ich habe nicht verstanden, worum es dort eigentlich ging. Die Leute dort, von denen die meisten der Magie und Zauberei mächtig waren, erzählten uns, dass sie von der Herrin des Sees gerufen worden waren. Ich hatte auf meinen Reisen einmal von der Herrin gehört. Jemand hatte mir erzählt, dass sie heilig sei, dass es um Schwerter und Kelche ging und sie wunderschön sein solle.

Doch hier auf Lyosan war nicht sie zugegen, sondern eine Art Stellvertreterin. Eine Fee. Eine Fee! Eine echte Fee! Kann man sich so etwas vorstellen? Seit mir auf der Insel der Tyra Lorena jemand von leuchtendem Feenstaub erzählt hat, wollte ich eine Fee sehen und hier war tatsächlich eine! Sie sah allerdings gar nicht so aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Sie war groß und schwarz und elegant und äußerst mächtig. Alle hatte Angst vor ihr… außer Peter und mir… und Than, der sich kurzerhand zu uns gesellte, als ich Peter berichtete, was ich über Feenstaub alles wusste. Than war ein junger Mann, der nichts wusste und sich an nichts erinnerte. Er war sehr seltsam, doch in unserer Gesellschaft fiel das nicht weiter auf und so nannte ich ihn gern meinen neuen Freund. Er schenkte uns je einen Apfel und wir banden ihn mit in unsere Pläne ein:

Feenstaub leuchtet nämlich nicht nur im Dunkeln, sondern auf Escadon habe ich bei dem experimentellen Giftmischen gelernt, dass, wenn man einem Getränk etwas Feenstaub beifügt, sich das immer positiv für den Trinkenden auswirkt, auch, wenn es ein gefährliches Gift wäre. Was könnte man nicht alles damit anfangen!!! Die beiden machten große Augen und lange Ohren, als ich berichtete, dass mir der Mann auf der Pirateninsel damals erzählt hatte, wie er an den Feenstaub gelangt war. Und zwar kannte er jemanden, der einen kannte, der einen Garten hatte, in dem er Feen hielt und dann und wann an die Füße griff, um sie auszuschütteln.

In diesem Moment wandten wir alle drei gleichzeitig den Kopf und schauten zur Fee, die inmitten der vielen Magier und Zauberer stand, um mit ihnen Pläne zu schmieden. Und in uns keimte ein ganz anderer Plan. Wir hatten gesehen, dass sie manchmal ihre Größe veränderte. Es schien, als würde sie verschwinden, doch sie wurde nur winzig klein und flog schnell weg. In einem dieser Momente müssten wir sie fangen und in einen Pfefferstreuer stecken. Dann hätten wir immer frischen Feenstaub dabei. Ich würde es „Feenstaub to Go“ nennen. Ich dachte in dem Moment nicht daran, dass ich hier ein Lebewesen einsperren würde. Wie oft in seinem Leben hätte man schon die Möglichkeit an Feenstaub zu gelangen?! Und ich hatte Großes damit vor!

Doch die anwesenden Leute rieten uns davon ab. Diese Fee sei viel zu mächtig für uns und würde uns mit einem einzigen Blitz aus ihren Händen unseres Lebens berauben.

Betrübt, unserer Hoffnung beraubt betraten wir zu dritt die Taverne, in der Peter Than die Karten legte, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Ich erinnerte mich daran, wie Wurschtl mir damals auf Theotmund die Liebe durch einen Brieffreund voraussagte und ich seufzte.

Als wir noch einmal hinausgingen, wurden wir angesprochen, ob wir nicht helfen wollen würden. Mäßig neugierig starrten wir auf eine lange Liste an Aufgaben, die der Herrin des Sees helfen sollten sich von der dunklen Macht dieses Landes zu befreien. Da fiel mir eine Aufgabe in den Blick, die ich tatsächlich sofort lösen konnte. „Lerne folgendes Wort auswendig und die Bedeutung zu verstehen: SUPERCALIFRAGILISTICEXPIALIGETISCH“

Mein Kindermädchen war eine junge Frau aus dem Nachbarhaus, zu dem meine Mutter mich manchmal schickte, wenn mein Bruder mal wieder von zuhause ausgerissen war und sie ihn suchen musste. Sie hieß Marie Poppin und sagte dieses Wort stets, wenn ich traurig war und nicht mehr weiter wusste. „Halb so schlimm – Alles wird wieder gut und besser.“ Dieses Wort hat mein Leben geprägt. Denn auf diese Weise kann man offen in die Welt hinausgehen und dort Sonne sehen, wo sich nur Wolken befinden.

Für die Lösung dieses Rätsels erhielt ich eine kleine Figur aus Holz, die Peter schließlich bei der obersten Magierin zum Handeln einsetzte. Wir wollten die anderen Leute dazu bringen, mit uns gemeinsam die Fee in einen Sack zu stecken und zu schütteln, damit wir Feenstaub bekämen. Den Pfefferstreuer hatten wir verworfen, weil es wirklich zu unmenschlich sei. Doch sie lehnten ab und wir kehrten ein weiteres Mal enttäuscht in die Taverne zurück.

Peter legte erneut jemandem die Karten – einem jungen Waldläufer, der sehr nachdenklich schien. Er wollte sich freiwillig als ein Opfer anbieten bei einem Ritual, das der Herrin helfen sollte. Die Karten bestätigten ihn darin – da kam ein Abgesandter der Magierin zu uns und sagte, sie könne uns zwar nicht helfen die Fee zu fangen, aber sie würde uns den Feenstaub aus ihrem Vorrat geben im Tausch für die Figur. Than, Peter und ich frohlockten! Wir hatten Feenstaub! Mit ernstem Blick überreichte sie uns ein winziges Fläschchen mit einer winzigen Prise glitzernden Staubes und sagte noch, dass das so viel wert sei, wie ein Königreich. Doch das hörten wir kaum noch. Than wollte sich seinen Anteil direkt durch die Nase in seinen Kopf ziehen, Peter wollte es seinem Orden spenden und ich… ich werde auf Trum mein eigenes Geschäft eröffnen. Mit Feenstaub-Bier! Oh Ja! Ich finde, das klingt FEEntastisch!

Wir verließen nun schnell diesen Ort und unseren lieben Than, der glückselig unter seinem Apfelbaum im Regen saß. Ein Bote berichtete uns später noch, dass der andere junge Mann sich tatsächlich geopfert hatte, das Ritual aber schief gegangen sei und nun dunkle Zeiten auf Lyosan bevorstanden. Was bin ich froh, nach Trum zurückzukehren, mit der Gewissheit, dass es Peter gut geht und einer Prise Feenstaub im Gepäck.

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